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Reisemedizin

Erster Reiseimpfstoff zur Dengue-Prävention im Handel

Die durch Mücken übertragene Viruserkrankung Dengue gehört laut WHO zu den zehn größten Bedrohungen für die globale Gesundheit. In den deutschen Handel wurde vor Kurzem mit Qdenga® ein erster Reiseimpfstoff zur Prävention von Dengue‐Fieber eingeführt.
Sven Siebenand
13.03.2023  17:00 Uhr

»Dengue ist die Pandemie, die wir im Westen gerne ignorieren«, sagte Professor Dr. Tomas Jelinek vom Berliner Zentrum für Reise‐ und Tropenmedizin auf einer Pressekonferenz von Takeda Pharma anlässlich der Markteinführung von Qdenga in Deutschland. Die Infektionszahlen seien zuletzt deutlich angestiegen. Dengue spielt vor allem im Leben vieler Menschen der Tropen und Subtropen eine wichtige Rolle. Allein in Brasilien wurden im vergangenen Jahr mehr als 2,2 Millionen Fälle von Dengue gemeldet.

Jelinek betonte, dass Dengue zunehmend auch Reisende betrifft. Zum einen gehören Länder, in denen Dengue endemisch vorkommt, zu den klassischen Urlaubsländern. Zum anderen breiten sich verschiedene Mücken, die als Überträger fungieren, in Europa und anderen gemäßigten Regionen immer weiter aus. Dadurch kam es in den vergangenen Jahren auch in nicht‐endemischen Regionen zu vereinzelten Ausbrüchen, etwa auf Madeira, in Kroatien, Frankreich, Spanien und Italien. Jelinek hält es zukünftig für gut möglich, dass es auch in Deutschland zu kleineren Ausbrüchen kommen wird. 

Dengue wird hauptsächlich durch die Mücken der Gattung Aedes aegypti übertragen. Der Experte informierte, dass es sich bei den Erregern um vier verschiedene Flaviviren handelt, die sich nicht sehr ähnlich seien. So bringe eine Infektion mit dem einen Serotyp keine Immunität gegen die drei anderen. Folglich kann man theoretisch viermal eine Dengue-Infektion durchmachen. 

Auch wenn viele Infektionen asymptomatisch verlaufen und die Sterberate im Promillebereich liegt, kann Dengue laut dem Mediziner sehr unangenehm werden. Wegen der recht kurzen Inkubationszeit würden viele Reisende noch im Urlaub an hohem Fieber und starken Gliederschmerzen erkranken. Wegen dieser starken Schmerzen werde die Erkrankung im Englischen auch »break bone fever« genannt. Eine kausale Therapie gibt es bis dato nicht, sodass die Behandlung rein symptomatisch orientiert ist. 

Besonders tückisch kann die zweite Infektion verlaufen, wie der Referent deutlich machte. Die Antikörper auf die erste Infektion würden quasi gehijackt und es resultiere eine Überreaktion des Immunsystems, ein Zytokinsturm, der ein gefährliches Dengue-hämorrhagisches Fieber auslösen kann. Jelinek betonte, dass jedoch in vielen Ländern eine gute intensivmedizinische Infrastruktur weitgehend fehle.

Zwei subkutane Gaben im Abstand von drei Monaten

Mit Dengvaxia® gab es bereits einen Dengue-Impfstoff, allerdings nur für Menschen, die bereits eine Dengue-Infektion durchgemacht haben. Qdenga ist nun der erste Reiseimpfstoff zur Prävention von Dengue-Fieber. Er darf unabhängig von einer früheren Dengue-Exposition ab einem Alter von vier Jahren zum Einsatz kommen. Die Impfung sollte als 0,5‐ml‐Dosis subkutan im Rahmen eines Zwei‐Dosen‐Impfschemas (Monat 0 und 3) verabreicht werden und kann gleichzeitig mit einem Hepatitis‐A‐Impfstoff und einem Gelbfieber‐Impfstoff gegeben werden.

Qdenga® ist ein tetravalenter attenuierter Lebendimpfstoff. Er besteht aus einem abgeschwächtem Dengue-Virusstamm vom Serotyp 2 (DENV-2) und drei chimären Viren, die die Gene für das Prämembranprotein und das Hüllprotein von DENV-1, DENV-3 sowie DENV-4 exprimieren und das DENV-2-Gengerüst verwenden. 

Die Phase-III-Studie TIDES untersuchte Wirksamkeit, Sicherheit und Immunogenität von zwei Dosen im Abstand von drei Monaten. Die Gesamtwirksamkeit (Schutz vor virologisch bestätigtem Dengue‐Fieber, unabhängig vom Serotyp, Serostatus oder Schweregrad basierend auf der Auswertung der 12‐Monats‐Follow‐up‐Daten nach der zweiten Dosis) betrug etwa 80 Prozent, die Hospitalisierungsrate bei Dengue‐Fieber reduzierte sich um etwa 90 Prozent. Die Wirksamkeit hielt nach der zweiten Impfung nachweislich bis zu 4,5 Jahre an. Eine Auslösung von Komplikationen bei Kontakt mit dem Wildvirus ist für Geimpfte nicht zu befürchten.

Im Allgemeinen wird der Impfstoff gut vertragen. Die häufigsten beobachteten Nebenwirkungen waren Schmerzen an der Injektionsstelle, Kopfschmerzen, Myalgie, Erythem an der Injektionsstelle, Unwohlsein, Asthenie und Fieber.

Eine STIKO-Impfempfehlung für Reisende in Dengue-Endemiegebiete gibt es bislang noch nicht. Darauf warte man derzeit noch, hieß es bei der Veranstaltung. Nichtsdestotrotz darf der Impfstoff heute bereits eingesetzt werden und wird von verschiedenen Stellen empfohlen. Jelinek ist der Meinung, dass der Impfstoff einen hohen Stellenwert in der reisemedizinischen Praxis bekommen wird. Auf den Mückenschutz sollten Geimpfte jedoch keinesfalls verzichten. Schließlich können die Tiere eine Reihe weiterer Erkrankungen übertragen.

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