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Telepharmazie

»Eröffnen Sie eine digitale Filiale Ihrer Apotheke vor Ort«

In der Pandemie hat sich die Videosprechstunde beim Arzt etabliert – die Apotheken vor Ort sollten hier schnell folgen und Telepharmazie als zusätzliche Beratungsmöglichkeit anbieten, meint Apomondo-Mitgründerin und Apothekeninhaberin Margit Schlenk.
Daniela Hüttemann
12.04.2022  12:30 Uhr

Die Apotheken vor Ort sollten jetzt mit der Telepharmazie loslegen, bevor es fachfremde Anbieter mit großen Kapitalgebern dahinter tun, wie es bereits bei den Ärzten geschehen ist, ist Schlenk überzeugt. In Frankreich soll die telepharmazeutische Beratung demnächst vergütet werden. Dieses Signal würden auch andere Player erkennen, daher sei es wichtig, dass die Apotheken vor Ort das Thema zuerst besetzen, erklärte die Referentin vergangene Woche beim PZ-Management-Kongress. Dabei sei wichtig, die Videosprechstunden von Anfang an nur gegen ein angemessenes Honorar anzubieten; ohne Übernahme der Krankenkassen dann zunächst als individuelle Gesundheitsleistung (IGeL). 

»Telepharmazie ist eine pharmazeutische Dienstleistung – und diese sollten wir nicht kostenlos anbieten«, plädierte Schlenk. Beim Programm Apomondo wird die Zeit geloggt. So kann minutengenau abgerechnet werden. Sie schlägt ein Honorar von mindestens 2 Euro pro Minute vor. »Es muss schon mehr sein als beispielsweise ein Friseurbesuch kostet«, so die Apothekerin mit Blick auf das dahinter steckende Fachwissen.

Mehr Ruhe bei digitaler Beratung

»Im Prinzip eröffnen Sie eine digitale Filiale Ihrer Apotheke vor Ort. Ihre Kunden werden es schätzen, wenn die Apotheke auf diesem Weg auch zu ihnen nach Hause kommt und vertraute Gesichter sie beraten«, ist Schlenks Erfahrung, die seit Pandemiebeginn Videosprechstunden anbietet. Ob arbeitende Menschen im Home Office, immobile oder gebrechliche Patienten oder Eltern mit fiebernden Kindern: »So können wir auch im Digitalen empathisch auf die Sorgen und Ängste kranker Menschen eingehen.« Bei einem gebuchten Termin bleibe so oft sogar mehr Zeit und Ruhe als bei einer spontanen Konsultation in der Apotheke.

Auch im Hinblick auf das E-Rezept sei die Positionierung der Telepharmazie jetzt wichtig. »Wir sollten den Patienten sich nicht allein auf eine Customer Journey begeben lassen, sondern ihn ab der Verordnung abholen.« Als weitere Beispiele für den Einsatz von Telepharmazie nannte sie eine visuelle Abklärung kleinerer Verletzungen im Notdienst, Ernährungsberatung und Nichtraucherkurse, Adhärenzförderung, Anwendungskontrollen (zum Beispiel von Inhalatoren), indikationsbezogene Beratungen und auch Medikationsanalysen oder gar zu dritt mit dem Arzt ein interprofessionelles Medikationsmanagement.

Ressourcen optimal nutzen

Eine unabdingbare Voraussetzung sei, dass die telepharmazeutische Beratung nur durch Personal der öffentlichen Apotheke erbracht wird, nicht durch Callcenter. Dabei könne die Beratung durchaus zum Beispiel von einer angestellten Apothekerin in Elternzeit aus dem Home Office geleistet werden. So ließen sich brachliegende personelle Ressourcen optimal nutzen.

Falls Medikamente benötigt werden, dürfen diese nur nach pharmazeutischer Kontrolle von der Apotheke geliefert werden, entweder per Botendienst oder, wenn eine Versandhandelserlaubnis vorliegt, auch per Paket. »Das können wir kompetent, schnell, klimaneutral und somit nachhaltiger als andere Anbieter«, nannte Schlenk ein weiteres Argument.

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