ELISA-Test misst neutralisierende Antikörper |
Sven Siebenand |
12.01.2021 16:00 Uhr |
Antikörpertest ist nicht gleich Antikörpertest. Wichtig ist es zu wissen, ob ausreichend neutralisierende Antikörper zum Schutz vor SARS-CoV-2 vorliegen. / Foto: Adobe Stock/ Victor Moussa
Infolge einer SARS-CoV-2-Infektion werden als Immunreaktion verschiedene Antikörper gebildet. Doch nur ein Teil davon hat schützende Funktion. Das sind die sogenannten neutralisierenden Antikörper. Sie blockieren die Bindung des Virus an die Zellen. Geht es um einen Antikörpertest, wird die Immunreaktion in einem medizinischen Labor in der Regel über die Antikörperbestimmung auf SARS-CoV-2-IgM, -IgA und/oder -IgG untersucht. Jedoch kann damit nicht eindeutig geklärt werden, ob eine Schutzwirkung durch neutralisierende Antikörper vorliegt. Denn: Während hohe Antikörpertiter meist auch mit einer erhöhten Aktivität neutralisierender Antikörper einhergehen, kommt es bei niedrigen und mittleren Antikörpertitern zu erheblichen Unterschieden.
Die Aktivität der neutralisierenden Antikörper lässt sich mit dem zeitaufwendigen Plaque-Reduktions-Neutralisationstest (PRNT) in einem S3-Labor bestimmen. Wie die Firma Medac mitteilt, bietet sie hierzulande und in Österreich ab Mitte Januar den weltweit ersten SARS-CoV-2 Surrogat Neutralisationstest (sVNT) im ELISA-Format an. Mit dem CE-zertifizierten Test cPass sei es möglich, die inhibitorische Wirkung neutralisierender Antikörper innerhalb circa einer Stunde und in jedem Labor nachzuweisen.
Bei dem Test ist die ELISA-Platte mit dem ACE2-Rezeptor beschichtet. Eine später für die Farbreaktion benötigte Peroxidase (HRP) wird kovalent an die rezeptorbindende Domäne (RBD) des Spike-Proteins von SARS-CoV-2 gebunden. Die zu untersuchende Probe wird mit diesem HRP-RBD Fragment inkubiert und anschließend auf die ELISA-Platte gegeben. Freies HRP-RBD oder HRP-RBD mit gebundenen, nicht-neutralisierenden Antikörpern binden am ACE2-Rezeptor der Platte. Sind neutralisierende Antikörper vorhanden, binden diese am HRP-RBD Fragment und blockieren dessen Bindung am ACE2-Rezeptor. Im nächsten Schritt werden die in der Lösung verbliebenen HRP-RBD Fragmente mit den gebundenen neutralisierenden Antikörpern entfernt. Abschließend wird mithilfe einer Farbreaktion und einer photometrischen Messung die Inhibition der Bindung in Prozent berechnet. Je weniger Farbreaktion desto mehr neutralisierende Antikörper in der Probe.
Denkbare Einsatzgebiete für den neuen Test gibt es einige. Da es sich nicht um den klassischen Antikörpertest handelt, lässt sich mit cPass vermutlich viel besser eine Aussage treffen, ob eine Person nach einer SARS-CoV-2-Infektion tatsächlich längerfristig vor Covid-19 beziehungsweise einer Neuinfektion geschützt ist. Ebenfalls könnte man mit ihm nach einer Impfung zur Kontrolle des Impferfolges verwenden. Und auch bei der Therapie mit Rekonvaleszenzplasma könnte er einen Vorteil bringen. Denn allein basierend auf dem Antikörpertiter ist bisher kein verlässlicher Rückschluss auf die neutralisierende Aktivität möglich.
Die Bestimmung der Spezifität und Sensitivität des mittlerweile CE-zertifizierten Tests wurde an zwei Kohorten mit jeweils einer PCR-positiven und einer gesunden Gruppe durchgeführt. Dabei ist jeweils eine 100-prozentige Spezifität und eine Sensitivität von 98 und 98,9 Prozent gemessen worden. Die Ergebnisse sind in »Nature Biotechnology« veröffentlicht worden.
Der Test kann von Laboren bezogen werden. Ärzte können ihn ihren Patienten vorerst nur als IGEL-Leistung anbieten.
Das Virus SARS-CoV-2 hat unsere Welt verändert. Seit Ende 2019 verbreitet sich der Erreger von Covid-19 und stellt die Wissenschaft vor enorme Herausforderungen. Sie hat sie angenommen und rasch Tests und Impfungen, auch für Kinder, entwickelt. Eine Übersicht über unsere Berichterstattung finden Sie auf der Themenseite Coronavirus.