Ein Symptom, viele Ursachen |
Juckreiz und Schmerzen in der Analregion können viele Ursachen haben. Nicht immer sind Hämorrhoiden schuld. / Foto: Adobe Stock/New Africa
Die Haut in der Analregion ist belastet durch Überfeuchtung, übertriebene oder unzureichende Reinigung und Reizung durch den Stuhl. In diesem Milieu fassen bakterielle, fungale und virale Erreger leicht Fuß. Zudem kann sich eine geschädigte Hautbarriere bemerkbar machen oder Grunderkrankungen wie Diabetes, Leber- oder Nierenleiden mit Juckreiz quälen. Wie wichtig eine fundierte feinfühlige Beratung in der Apotheke ist, zeigt das Fallbeispiel.
Eine Stammkundin mit Diabetes Typ 2 verlangt eine Hämorrhoidensalbe. Sie hat diese Salbe schon mehrmals gekauft. Um die Grenzen der Selbstmedikation auszuloten und um diskret die Symptome, Ursachen und Eigendiagnose abzuklären, wird die Patientin in den Beratungsraum gebeten. Tatsächlich berichtet sie von heftigem Juckreiz in der Analregion, sodass sie sich manchmal blutig kratzt. Ihre Nachbarin habe ihr die Hämorrhoidensalbe empfohlen, die aber nur kurzzeitig lindere. Die Apothekerin erklärt ihr den Zusammenhang zwischen der Grunderkrankung Diabetes und der erhöhten Sensibilität der Haut und empfiehlt, zur Abklärung der Symptome sowie zur gezielten Therapie einen Proktologen aufzusuchen. Einige Zeit später kommt die Kundin sehr erleichtert in die Apotheke: Der Arzt habe ein irritatives Analekzem diagnostiziert, möglicherweise ausgelöst durch Externa wie die Hämorrhoidensalbe.
Hinter einem vermeintlich simplen, aber quälenden Juckreiz im Analbereich kann sich eine Vielzahl von anorektalen Erkrankungen wie Hämorrhoiden, Mykosen, bakterielle oder virale Infektionen verbergen. Die sorgfältige Differenzialdiagnose ist wichtig, denn auch generalisierte dermatologische Erkrankungen wie Psoriasis, Neurodermitis oder Allergien können eine Rolle spielen, ebenso systemische Erkrankungen der Leber oder Niere, neurologische oder psychische Erkrankungen. Irritierende Hautpflege oder ballaststoffarme Ernährung verschärfen die Situation.
Oft fällt die eindeutige Diagnose schwer, da sich verschiedene Dermatosen überlagern können, die Symptomatik nicht immer zum Hautbild passt und die diagnostischen Möglichkeiten eingeschränkt sind. So ist die Haut durch häufiges Kratzen traumatisiert, durch Hyperkeratosen lederartig vergröbert, blutig gekratzte Stellen sind verkrustet und die Hautbarriere gestört. Juckreiz und Brennen sind Leitsymptome.
Zu berücksichtigen sind spezielle Risikofaktoren, die anorektale Erkrankungen begünstigen, zum Beispiel anatomische Besonderheiten (Trichteranus), Adipositas, Reizungen durch Fäzes oder Schweiß (Hyperhidrosis) sowie Belastungen der Hautbarriere durch falsche Pflege, Intimprodukte, enganliegende okklusiv wirkende Kleidung oder Inkontinenzprodukte.
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Es gibt keine kontrollierten Studien zum Einfluss von Ernährung oder Kleidung auf die Entwicklung eines analen Juckreizes. Diskutiert werden der Konsum von scharfen Gewürzen, aber auch koffein- und alkoholhaltige Getränke, Milcherzeugnisse, Schokolade, Erdnüsse, Zitronen, Trauben und Tomaten. Man vermutet, dass der Tonus des Schließmuskels beeinflusst oder die Perianalhaut gereizt wird.
Kleidung aus synthetischen Fasern, die eng am Körper anliegt, lässt wenig Luftzirkulation zu. Besonders im Sommer wird vermehrter Schweiß unzureichend abgeleitet. Dies kann bei Menschen mit empfindlicher Haut den Analbereich reizen und zu einem irritativen Analekzem mit Juckreiz führen. Gerade ältere Menschen, deren Haut zunehmend dünner wird, sind betroffen; dies gilt besonders, wenn sie Slipeinlagen oder Inkontinenzprodukte verwenden. Gleiches gilt für Säuglinge und Kleinkinder, deren anale Haut durch Windeln okklusiv abgedeckt ist.
Dermatologen empfehlen, möglichst oft Luft an die Haut zu lassen, dampf- und luftdurchlässige Unterwäsche zu tragen und zusätzliche Reizung durch übertriebene Hygiene mit häufigem Waschen und Verwendung von Parfüm-, Farb- oder Duftstoffen in Toilettenpapier oder Pflegemitteln zu vermeiden.
Verstopfung und Pressen beim Stuhlgang lassen nicht nur Hämorrhoiden bluten, sondern begünstigen auch Analfissuren. / Foto: AOK/Jochen Tack
Oft löst ein Hämorrhoidalleiden den Juckreiz im Analbereich aus. Der Hämorrhoidalplexus ist ein schwammartiges arteriovenöses Gefäßpolster, das ringförmig vor dem Schließmuskel des Afters liegt und von Kollagenfasern und elastischen Muskelfasern stabilisiert wird. Dies dient der Feinabdichtung des Analkanals; unwillkürlicher Stuhlabgang wird verhindert. Der Hämorrhoidalplexus ist ein Schwellkörper: Soll keine Darmentleerung erfolgen, füllt sich das Gefäßpolster mit Blut; steht die Defäkation an, entleert sich das Polster. Viele Faktoren wie Dehnungsreize des Rektums, Impulse der gestreiften und glatten Muskulatur sowie Signale des zentralen, sympathischen und parasympathischen Nervensystems spielen eine Rolle.
Vergrößerungen dieses Gefäßpolsters werden als Hämorrhoiden, Beschwerden als Hämorrhoidalleiden oder symptomatische Hämorrhoiden bezeichnet. Da sich im Lauf des Lebens die Struktur des Hämorrhoidalplexus verändert, bekommt jeder Mensch Hämorrhoiden, aber nicht jeder hat Beschwerden. In den Industrienationen zählen Hämorrhoidalleiden zu den häufigsten Erkrankungen.
Die Beschwerden umfassen Juckreiz, Nässen und Schmerzen bei der Stuhlentleerung sowie Vorwölbung des Gefäßkissens (Prolaps) in den Analkanal oder vor den Schließmuskel. Blutungen unterschiedlicher Intensität sind ein Hauptsymptom. Hämorrhoiden werden entsprechend ihrer Größenzunahme und Vorwölbung in vier Stadien mit fließenden Übergängen eingeteilt:
Zur symptomatischen Behandlung gibt es eine Fülle von Hämorrhoidalia ohne ausreichende Evidenz, die bei akuten Beschwerden über maximal sechs Wochen angewandt werden können (lesen Sie dazu auch den Beitrag Hämorrhoidalleiden: Tabuthema mit hohem Leidensdruck). Der anale Juckreiz ist damit nicht ursächlich behandelt.
Flohsamen dienen als Basistherapie zur Stuhlerweichung. / Foto: Adobe Stock/Stefan_Weis
Wichtige Basistherapie eines Hämorrhoidalleidens, aber auch der meisten Hautprobleme im Analbereich ist die verbesserte Stuhlregulation, Defäkation und Hygiene in der Analregion. Für einen weichen, aber geformten Stuhl ist eine ausreichende Trinkmenge von täglich zwei bis drei Litern erforderlich (cave: Patienten mit Herz- oder Nierenproblemen) sowie eine ballaststoffreiche Ernährung ergänzt durch Quellmittel wie Flohsamen, Trockenfrüchte oder Sauermilchprodukte. Die Defäkation sollte ohne Pressen möglich sein. Ebenso sollte der Patient zu langes Sitzen bei der Stuhlentleerung vermeiden (keine Zeitungslektüre).
Übertriebene Hygiene durch mehrfach tägliches Waschen sowie die Verwendung von feuchtem oder duft- oder farbstoffhaltigem Toilettenpapier stört die Hautbarriere und provoziert Irritationen. Besser geeignet ist einmal tägliches Waschen mit klarem Wasser, pH-neutralem Reinigungsmittel und Abtrocknen mit weichem Papier.
Kommt es bei Verstopfung zu hartem Stuhl und Pressen bei der Defäkation oder aufgrund ständiger Irritation oder Überfeuchtung zum Elastizitätsverlust der Haut, kann die Analschleimhaut einreißen: Es bilden sich Analfissuren. Typisch sind ein heller stechender Schmerz, Brennen nach der Stuhlentleerung, reflektorischer Krampf des Schließmuskels, Juckreiz und vereinzelt hellrote Blutauflagerung.
Verschwinden die Beschwerden sehr schnell, vermeidet der Patient in der Regel den Arztbesuch. Trotzdem kann der Hämorrhoidalplexus geschädigt sein. Entzündungen, Marisken oder Hämorrhoidalleiden sind die Folge.
Die Basistherapie der akuten Analfissur umfasst Sitzbäder, zum Beispiel mit Kamille oder synthetischen Gerbstoffen, und die Stuhlregulierung (Tabelle). Stickstoffmonoxid und Calciumantagonisten (Nifedipin, Diltiazem) in topischer Anwendung entspannen den Schließmuskelring und verbessern die Durchblutung, Lokalanästhetika (Lidocain, Procain) nehmen den Schmerz. Da der Behandlungserfolg umso höher ist, je eher damit begonnen wird, sollte das Apothekenpersonal beim Kauf von Hämorrhoidalia sensibel die Grenzen der Selbstmedikation abklären.
Analer Juckreiz | Therapie (Wirkstoffbeispiele) | Ursache |
---|---|---|
Hämorrhoidalleiden | Proktologika, Lokalanästhetika (Lidocain, Procain), Operation | Veränderung des Hämorrhoidalplexus |
Analfissuren | Sitzbäder (Kamille, Gerbstoffe), Topika mit Nifedipin oder Diltiazem, Lokalanästhetika (Lidocain, Procain), Operation | Obstipation, Pressen bei der Defäkation, Elastizitätsverlust der Analschleimhaut durch Irritation und Überfeuchtung |
sekundäre Marisken | Sitzbäder (Gerbstoffe, Kamille), weiche Zinksalbe, Lokalanästhetika | chronische Analfissur |
irritatives Analekzem | Corticoid-haltige Topika (Hydrocortisonacetat, Prednisolonacetat, Triamcinolonacetonid, Hydrocortisonbutyrat, Fluprednidenacetat)weiche Zinksalbe,Sitzbäder (Meersalz, Gerbstoffe) | mechanische und/oder chemische Reizung, Hämorrhoidalleiden |
atopisches Analekzem | Corticoid-haltige Topika (Triamcinolonacetonid, Hydrocortisonbutyrat, Fluprednidenacetat, Prednicarbat, Betamethasonvalerat, Fluocinolonacetonid, Fluocinonid)Calcineurin-Inhibitoren (Pimecrolimus, Tacrolimus) | IgE-vermittelten Allergie vom Soforttyp, erhöhte Disposition bei atopischer Dermatitis, Heuschnupfen |
allergisches Analekzem | weiche Zinkpaste | T-Zell-Lymphozyten vermittelte Kontaktallergie vom Spättyp (Typ-IV-Allergie) durch Externa (Intimpflegemittel, Proktologika, Waschmittel) |
Psoriasis inversa | weiche Zinkpaste über sechs Wochen, Calcipotriol-haltige Topika, systemische Therapie im Off-label-Use, Corticoid-haltige Topika (Prednicarbat, Betamethasonvalerat, Fluocinolonacetonid, Fluocinonid) | Reibung, Überfeuchtung |
Herpesinfektion | topische und/oder orale Virustatika | Herpes-simplex-Virus HSV1 und -2 |
Mykose | Antimykotika (Clotrimazol) | Candida albicans |
Parasitose | Anthelminthika (Mebendazol, Pyrantel, Pyrvinium), weiche Zinkpaste | Oxyuren |
ErythrasmaStreptokokken-Dermatitis | Erythromycin lokal oder systemischsystemisch Penicillin V, Erythromycin | Corynebakterium minutissimumß-hämolysierende Streptokokken |
Lichen sclerosus | Corticoid-haltige Topika (Clobetasolpropionat) oder Calcineurin-Inhibitoren (Tacrolimus und Pimecrolimus) | autoimmunologischer Prozess |
Lichen ruber planus | Corticoid-haltige Topika (Prednicarbat, Betamethasonvalerat, Fluocinolonacetonid, Fluocinonid) | Autoimmunreaktion gegen Keratinozyten |
Heilt eine akute Analfissur unzureichend ab, kommt es zur Chronifizierung. Chronische Analfissuren, die hohen Leidensdruck erzeugen, können operativ entfernt werden. Allerdings birgt jede Operation im Analbereich ein Risiko an Folgeschäden am Hämorrhoidalplexus. Als Folge der ständigen Reizung verdickt sich das Gewebe am Rande einer chronischen Analfissur, man spricht von einer sekundären Mariske.
Marisken sind meist weiche, seltener derbe Hautlappen rund um den Afterrand. Sie kommen in unterschiedlicher Anzahl und Form vor. Für die Entstehung primärer Marisken ist keine Ursache bekannt. In der Regel ohne Symptome können bei zu derber Ausbildung der Hautfalten Jucken, Brennen und schmerzhaftes Einreißen mit kleineren Blutungen vorkommen. Die Behandlung erfolgt mit Gerbstoff-haltigen Sitzbädern, weicher Zinksalbe und bei Schmerzen mit Lokalanästhetika. Marisken müssen selten operativ entfernt werden.
Sowohl bei Analfissuren als auch bei Marisken sind bakterielle Sekundärinfektionen möglich. Da auch andere schwerwiegende Erkrankungen des Darms, zum Beispiel ein kolorektales Karzinom, mit Blutungen oder Veränderung des Stuhlgangs einhergehen, erfordern diese Symptome ebenso wie erstmals auftretende oder häufigere Beschwerden eine Differenzialdiagnose beim Arzt.
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Bei länger anhaltendem Juckreiz und wiederholt auftretenden Blutungen im Analbereich sollte differenzialdiagnostisch und histologisch an eine Präkanzerose gedacht werden. Kunden, die immer wieder eine Hämorrhoidensalbe benötigen, sollten hierfür in der Apotheke sensibilisiert werden.
Morbus Bowen ist eine bösartige Hautveränderung, die oberhalb der Basalmembran gelegen noch keine Metastasen bildet. Erst mit Durchbruch der Basalmembran kommt es nach einigen Jahren zur Bildung eines Plattenepithelkarzinoms. Auch an ein Analkarzinom ist zu denken.
Zur Früherkennung des kolorektalen Karzinoms ist die Koloskopie eine der wichtigsten Vorsorgeuntersuchungen, die ab dem 50. Lebensjahr im Zehn-Jahres-Rhythmus empfohlen wird. Kleinere Darmpolypen sind Vorstufen des Karzinoms und werden bei der Koloskopie entfernt.
Zu den häufigen perianalen Dermatosen gehört das Analekzem. Ein irritatives, atopisches oder allergisches Analekzem sowie Mischformen spielen bei der Differenzialdiagnose von analem Juckreiz eine große Rolle (Tabelle). Die Haut im Analbereich kann durch falsche Pflegemaßnahmen mechanisch und fäkales Sekret chemisch so gereizt werden, dass die Epidermis nachhaltig geschädigt ist.
In erster Linie gilt es, diese Reizstoffe zu vermeiden und ein möglicherweise zugrundeliegendes Hämorrhoidalleiden zu therapieren. In der Akutphase lindern topische Steroide (Hydrocortisonacetat, Prednisolonacetat) mit zweimal täglicher Anwendung über zwei Wochen. Bei nässendem Ekzem unterstützen Sitzbäder mit Meersalz oder Gerbstoffen den Heilungsprozess. Nach Abheilung der oberflächlichen Hautläsionen kann die Behandlung mit weicher Zinkpaste längerfristig fortgeführt werden.
Das Apothekenteam sollte den Kunden darauf aufmerksam machen, dass Corticoidsalben nur so kurz und so niedrig dosiert wie möglich angewandt werden dürfen, um eine perianale Hautatrophie zu vermeiden. Auch die intermittierende Verwendung führt langfristig zu teils erheblichen Problemen.
Das atopische Analekzem beruht auf einer IgE-vermittelten Allergie vom Soforttyp, die durch Inhaltsstoffe von Externa nach bereits einmaliger Anwendung ausgelöst wird. Der Juckreiz ist oft quälender als der Hautzustand vermuten lässt. Bei der Anamnese ergibt sich häufig eine familiäre Disposition. Das Risiko ist erhöht bei Grunderkrankungen wie Heuschnupfen, atopischer Dermatitis, Asthma bronchiale oder allergischer Rhinokonjunktivitis.
In der Therapie ist zunächst der Auslöser festzustellen und zu eliminieren. Akut werden kurzzeitig Corticoid-haltige Topika eingesetzt. Topisch sind Calcineurin-Inhibitoren (Pimecrolimus, Tacrolimus) bei intakter abgeheilter Haut eine weitere Option. Sie wirken als Immunmodulatoren und vermindern die Aktivität von T-Zellen und Mastzellen. So werden weniger Entzündungsmediatoren gebildet.
Beim allergischen Ekzem handelt es sich um eine von T-Zell-Lymphozyten vermittelte Kontaktallergie vom Spättyp (Typ-IV-Allergie). Ursächlich kommen verschiedene Externa infrage, zum Beispiel Intimpflegemittel, Proktologika oder Waschmittel, die schon längere Zeit ohne Probleme angewandt wurden. Das erschwert die Identifizierung, sodass die Diagnose durch Auslassversuch oder Epikutantest verifiziert wird. Das auslösende Allergen ist wegzulassen und die Therapie erfolgt mit weicher Zinkpaste. Die Apotheke sollte die Kunden darauf hinweisen, dass die Selbstmedikationsstrategie nicht lauten sollte: »Mehr von dem, was bisher kurzzeitig geholfen hat«, sondern dass der erneute Arztbesuch wichtig ist, wenn die Behandlung nicht dauerhaft anschlägt.
Auch Medikamente können direkt oder indirekt zum lokalen Juckreiz führen. So können Antibiotika Durchfall oder eine Candidose begünstigen, die wiederum Hautjucken hervorrufen. Immunsuppressiva und Corticoide erhöhen das Risiko einer Hautinfektion mit dem Symptom Juckreiz, der den Analbereich betreffen kann. Hämorrhoidaltherapeutika und andere Topika, die auf die Analhaut aufgebracht werden, können zu Reizungen und Analekzem führen.
Arzneimittel können direkt und indirekt Juckreiz auslösen, der sich auch in der Analregion manifestieren kann. / Foto: Adobe Stock/sebra
Arzneimittel lösen häufig generalisierten Juckreiz am ganzen Körper aus mit punktuell stärker betroffenen Regionen. Akuter Pruritus mit einer Dauer von weniger als sechs Wochen wird hervorgerufen durch Arzneimittel wie Opioide oder Urikostatika. Bei chronischem Pruritus, der länger als sechs Wochen andauert, können zahlreiche Arzneimittel wie ACE-Hemmer, Antibiotika, Antidepressiva, Antidiabetika, Antiphlogistika, Betablocker, Diuretika, Urikostatika oder Urikosurika eine Rolle spielen.
Tipp: Das Apothekenteam sollte Kunden, die immer wieder eine juckreizstillende Salbe für den Analbereich oder Proktologika verlangen, fragen, ob auch andere Körperbereiche vom Juckreiz betroffen sind und welche Arzneimittel sie dauerhaft einnehmen. Möglicherweise ergibt sich ein Zusammenhang.
Im Analbereich ist die Diagnose einer Psoriasis dadurch erschwert, dass die typische Schuppenbildung fehlt. Die Psoriasis inversa ist eine Sonderform, die sich bevorzugt zwischen zwei großen, sich berührenden Hautfalten, zum Beispiel in den Achselhöhlen, Leisten und Gesäßfalten, zeigt. Durch Reibung und Überfeuchtung bildet sich in der Analregion eine deutliche Rhagade; andere Manifestationsorte der Psoriasis können fehlen. Wichtige Differenzialdiagnose ist eine Pilzinfektion.
Basistherapie ist, die Haut möglichst trocken zu halten und auf luftdurchlässige Kleidung zu achten. Bei einer leichten Form der Psoriasis inversa kann die Behandlung mit weicher Zinkpaste über sechs Wochen versucht werden. Bei heftigeren Fällen werden Calcipotriol-haltige Topika in Mono- oder Kombipräparaten eingesetzt. Die systemische Therapie ist off Label. Auch die kurzzeitige Behandlung mit Corticoiden (Prednicarbat, Betamethasonvalerat, Fluocinolonacetonid, Fluocinonid) wird versucht.
Herpesinfektionen im Analbereich gehören zu den sexuell übertragbaren Krankheiten mit steigender Inzidenz, ausgelöst durch das Herpes simplex Virus HSV1 und -2. Diese persistieren in den Ganglienneuronen. Durch zumeist persönliche Trigger wird die Erkrankung ausgelöst.
Juckreiz, brennende Schmerzen im Analbereich, ein schleimiges, oft auch blutiges Sekret und anales Druckgefühl sind die vorherrschenden Symptome. Grippeähnliche Beschwerden mit vergrößerten Lymphknoten im Leistenbereich treten häufig begleitend auf. Lokal zeigen sich für eine Herpesinfektion typische Bläschen. Die Diagnose kann durch einen Abstrich erhärtet werden.
Leichtere Herpesinfektionen heilen spontan nach etwa zwei bis vier Wochen. Topische und/oder orale Virustatika können eingesetzt werden. Bei schweren rezidivierenden Verläufen oder bei einer manifesten Immunsuppression ist die parenterale Virustatika-Gabe eine Option.
Ist die Haut im Analbereich geschädigt, steigt das Risiko für bakterielle oder mykotische Sekundärinfektionen (Tabelle). Häufigster Erreger einer Mykose ist Candida albicans. Diabetespatienten sind nach einer Behandlung mit Antibiotika oder Steroiden besonders gefährdet. Lokal sind weißliche abstreifbare Beläge zu sehen.
Bei einer Kombinationstherapie wird die Hautirritation mit einer Corticoidsalbe und die Pilzerkrankung mit einem Antimykotikum, zum Beispiel Clotrimazol, behandelt. Nur bei schweren Verläufen oder bei Immunsuppression ist ein systemisches Antimykotikum indiziert.
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Im letzten Trimenon einer Schwangerschaft kann es zu quälendem Juckreiz im Analbereich kommen. Ursächlich sind hormonelle Veränderungen, körperliche Bedingungen wie eine starke Hautdehnung und die intrahepatische Schwangerschaftscholestase, die sich von Händen und Fußsohlen über den ganzen Körper ausbreiten kann. Diese Stauung der Gallensalze in der Leber äußert sich vor allem in nächtlichem Juckreiz. Mit der Geburt verschwinden die Symptome.
Das Risiko einer Candida-Infektion kann in der Schwangerschaft ebenfalls erhöht sein, verbunden mit Juckreiz im Intim- und Analbereich.
Zu den bakteriellen Infektionen gehört das Erythrasma, ausgelöst durch Corynebakterium minutissimum. Lokal ist eine scharf begrenzte rotbraune Hautveränderung zu sehen. In leichten Fällen wird mit Erythromycin-haltigen Topika behandelt; in schweren Fällen ist die systemische Therapie indiziert. Besonders wichtig ist es, die betroffene Haut möglichst trocken zu halten.
Vor allem bei Kindern kann es zur Streptokokken-Dermatitis, ausgelöst durch ß-hämolysierende Streptokokken der Gruppe A, kommen. Der Erregernachweis erfolgt durch Abstrich und Kultur, die systemische Therapie mit Penicillin V über zehn bis 14 Tage, bei Penicillin-Allergie mit Erythromycin.
Lichen sclerosus betrifft mehr Frauen als Männer. Da es sich um eine Präkanzerose handelt, muss die Haut histologisch untersucht werden. Die oft stark juckende Haut verändert sich im Analbereich entzündlich, atrophiert und sklerosiert. Es kommt zu Problemen bei der Defäkation. Die Ursachen sind bislang ungeklärt; vermutet wird ein autoimmunologischer Prozess.
Viele Erkrankungen im Analbereich werden topisch behandelt. / Foto: Adobe Stock/Bojan
Die Therapie erfolgt über eine dreimonatige topische Behandlung mit Corticoiden (Clobetasolpropionat) oder alternativ mit den Calcineurin-Inhibitoren Tacrolimus und Pimecrolimus. Verdauungsregulierende Maßnahmen können bei schmerzhafter Darmentleerung den Stuhlgang erleichtern. Daneben sollte die mechanische oder chemische Reizung durch Pflegeprodukte vermieden werden. Lichen ruber planus basiert vermutlich auf einer Autoimmunreaktion gegen Keratinozyten.
Zahlreiche Auslöser werden vermutet, darunter auch Arzneimittel wie Betablocker, Interferone, Chloroquin und NSAR. Neben starkem Juckreiz zeigen sich Hautsymptome wie rötliche Papeln auch an Handgelenken und Unterschenkeln. Die Diagnose muss histologisch gesichert werden. Therapiert wird topisch mit Corticoiden wie Prednicarbat, Betamethasonvalerat, Fluocinolonacetonid und Fluocinonid.
Mitunter kommt es zu quälendem Juckreiz im Analbereich ohne lokale Hautveränderung. Dann sind verschiedene Ursachen möglich. Vor allem bei Kleinkindern ist an eine Parasitose zu denken (Kasten).
Bei Erwachsenen liegen eventuell chronische Organerkrankungen zugrunde. Eine chronische Lebererkrankung verursacht zunächst keine eindeutigen Symptome, da das Gewebe der Leber keine schmerzleitenden Nervenfasern hat. Treten Gallensäuren ins Blut über, kann sich die Haut gelblich verfärben und jucken. Bei Niereninsuffizienz ist die Ausscheidungsleistung eingeschränkt und die Konzentration von Stoffwechselabbauprodukten im Körper steigt. Es entsteht quälender Juckreiz am ganzen Körper. Bei manchen Patienten ist er lokal fokussiert als Pruritus ani.
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Eine Mutter klagt in der Apotheke, dass sich die vierjährige Tochter ständig am Po kratze. Gerade nachts sei es besonders schlimm, das Mädchen jammere am Morgen über den starken Juckreiz. Es trage keine Windeln mehr. Die Mutter kann außer den Kratzspuren nichts an der Haut feststellen. Sie verlangt eine juckreizstillende Salbe. Die Apotheke äußert den Verdacht einer Parasitose, die vom Kinderarzt abgeklärt werden muss, und beruhigt die Mutter.
Die Oxyuriasis (Madenwurmbefall) ist die häufigste Wurmerkrankung in Europa (siehe auch den Beitrag Würmer: Einheimische Parasiten). Hauptsächlich Kinder im Kindergarten- und Grundschulalter sind betroffen. Die Wurmeier gelangen von ungewaschenem Obst, Gemüse und durch Sand auf dem Spielplatz unter die Fingernägel und in den Mund. Im Dünndarm entwickeln sich die geschlechtsreifen Madenwürmer, die Weibchen legen vor allem am Abend und in der Nacht zwischen 5000 und 15.000 Eier in der Analregion ab. Dies verursacht starken Juckreiz. Durch Kratzen verteilen sich die Eier in Nacht- und Bettwäsche. Über Schmierinfektion können Geschwister, Freunde und Eltern infiziert werden.
Die Diagnose erfolgt durch einen Tesa-Abstrichtest, die Behandlung je nach Wirkstoff über einen bis drei Tage mit Anthelminthika (Mebendazol, Pyrantel, Pyrvinium). Kontaktpersonen werden mitbehandelt. Gute Hygienemaßnahmen sind wichtig. Die Therapie wird zwei, besser drei Mal im Abstand von 14 Tagen wiederholt.
Bei Diabetespatienten zeigt sich Juckreiz generalisiert oder lokal (Extremitäten, Vulva, Anus, Kopfhaut). Die Ursachen sind unklar. Diskutiert werden eine verringerte Glucosetoleranz oder die sich entwickelnde Nephropathie und Neuropathie.
Auch psychische oder psychosomatische Erkrankungen können mit lokalem und generalisiertem Juckreiz bei unveränderter Haut einhergehen. Die Patienten neigen zu intensivem Kratzen, was auf Dauer zu Hautveränderungen und einem irritativen Analekzem führt. Möglich ist eine lokale Behandlung mit 0,006-prozentiger Capsaicin-Creme oder mit Menthol-haltigen Topika.
Die Capsaicin-Wirkung setzt erst nach einigen Tagen ein, aber Nebenwirkungen wie stärkerer Juckreiz oder Brennen sind sofort spürbar. Dies sollte das Apothekenpersonal vorab gut erklären. Die mehrmals tägliche Behandlung erfolgt über sechs Wochen.
Menthol erregt die Kälterezeptoren in der Haut, erzeugt ein Kältegefühl und lindert so den Juckreiz. Es wird in 1- bis 5-prozentiger Konzentration in hydrophile oder lipophile Grundlagen eingearbeitet.
Wichtig zu wissen: Quälender Juckreiz im Analbereich schränkt die Lebensqualität erheblich ein. Trotzdem ist es für viele Menschen ein Tabuthema, das oft nur versteckt in der Selbstmedikation auftaucht. So wird zum Beispiel nach einer juckreizstillenden Salbe für Ekzeme gefragt. In erster Linie vermuten die meisten Patienten aber ein Hämorrhoidalleiden und verlangen immer wieder eine Salbe, die tatsächlich kurzzeitig lindert, aber nicht kausal wirkt. Das Apothekenpersonal ist gefragt, sensibel die Grenzen der Selbstmedikation auszuloten und den Patienten auf die Notwendigkeit der ärztlichen Differenzialdiagnose hinzuweisen.
Barbara Staufenbiel studierte Pharmazie in Münster. 16 Jahre lang leitete sie die Rabenfels-Apotheke in Rheinfelden. Seit ihrer Rückkehr nach Münster arbeitet sie in einer öffentlichen Apotheke und engagiert sich für die Fortbildung als Referentin und Autorin mit Schwerpunkt Apothekenpraxis.