Duale Blockade bei Plaque-Psoriasis |
Kerstin A. Gräfe |
28.09.2021 07:00 Uhr |
Typisch für Psoriasis sind silbrig-weiße Schuppen auf geröteter Haut. / Foto: Adobe Stock/Milan Lipowski
Bimzelx® (160 mg Injektionslösung in einer Fertigspritze/im Fertigpen, UCB Pharma) ist zugelassen zur Behandlung von mittelschwerer bis schwerer Plaque-Psoriasis bei Erwachsenen, die für eine systemische Therapie infrage kommen. Der Inhaltsstoff Bimekizumab ist ein humanisierter monoklonaler IgG1/κ-Antikörper, der selektiv mit hoher Affinität an IL-17A-, IL-17F- und IL-17AF bindet und dadurch deren Wechselwirkung mit dem IL-17RA/IL17RC-Rezeptorkomplex blockiert. Erhöhte Konzentrationen dieser Zytokine werden mit der Pathogenese mehrerer immunvermittelter entzündlicher Erkrankungen, einschließlich Plaque-Psoriasis, in Verbindung gebracht.
Bimekizumab wird subkutan injiziert. Über 16 Wochen sind zunächst im Vierwochen-Abstand jeweils zwei Injektionen mit 160 mg (insgesamt 320 mg) zu verabreichen. Danach werden die Injektionen in der Regel alle acht Wochen gegeben, bei Patienten mit einem Körpergewicht über 120 kg unter Umständen auch weiter im Vierwochen-Rhythmus. Nach entsprechender Einweisung können sich die Patienten Bimzelx selbst spritzen. Wichtig für die Beratung: Die Fertigspritze oder der Fertigpen darf nicht geschüttelt werden. Zeigt sich nach 16 Wochen keine Besserung, ist ein Absetzen in Erwägung zu ziehen.
Die Behandlung kann das Risiko von Infektionen, etwa der oberen Atemwege oder des Mundes (orale Candidose) erhöhen. Vorsicht ist daher geboten bei Patienten mit einer chronischen Infektion oder einer rezidivierenden Infektion in der Anamnese. Bei Patienten mit einer klinisch relevanten aktiven Infektion darf die Behandlung mit dem Antikörper nicht eingeleitet werden, bis die Infektion abgeklungen ist oder angemessen behandelt wird.
Vor Beginn der Behandlung sind die Patienten auf eine Tuberkulose-B-Infektion zu untersuchen. Bei Patienten mit aktiver TB ist Bimekizumab kontraindiziert.
Unter dem Antikörper traten Fälle von neuen oder eine Verschlechterung bestehender entzündlicher Darmerkrankungen auf. Bimekizumab wird bei Patienten mit entzündlicher Darmerkrankung nicht empfohlen. Entwickelt ein Patient Anzeichen und Symptome einer entzündlichen Darmerkrankung oder verschlechtert sich eine vorbestehende solche, sollte der Antikörper abgesetzt und eine geeignete medizinische Behandlung eingeleitet werden.
Wie bei allen IL-17-Inhibitoren können unter Bimzelx schwerwiegende Überempfindlichkeitsreaktionen einschließlich anaphylaktischen Reaktionen auftreten. In diesem Fall muss die Anwendung unverzüglich abgebrochen und eine geeignete Behandlung eingeleitet werden.
Lebendimpfstoffe dürfen nicht gleichzeitig mit Bimekizumab angewendet werden, inaktivierte Impfstoffe und Totimpfstoffe können aber gegeben werden. Die Patienten sollten vor Behandlungsbeginn ihren Impfstatus aktualisieren lassen.
Frauen im gebärfähigen Alter müssen während der Behandlung und für mindestens 17 Wochen danach eine zuverlässige Verhütungsmethode anwenden. Eine Anwendung während der Schwangerschaft sollte aus Vorsichtsgründen vermieden werden. Es ist nicht bekannt, ob Bimekizumab in die Muttermilch übergeht. Ein Risiko für das Kind kann nicht ausgeschlossen werden.
Die Wirksamkeit und Sicherheit wurde in drei Phase-III-Studien untersucht: BE VIVID stellte einen Vergleich mit Placebo und Ustekinumab dar, BE READY war placebokontrolliert und BE SURE ein Vergleich mit Adalimumab. In allen drei Studien waren die beiden ko-primären Endpunkte der Anteil der Patienten, die in Woche 16 ein PASI-90-Ansprechen (eine 90-prozentige Verbesserung des Hautbildes beim Psoriasis Area and Severity Index) und ein IGA-Ansprechen »erscheinungsfrei« oder »fast erscheinungsfrei« (IGA 0/1 bei einer gleichzeitigen Verbesserung um mindestens zwei Skalenpunkte im Vergleich zu Baseline) erreichten.
Alle drei Studien erreichten ihre ko-primären Endpunkte und alle sekundären Endpunkte. Probanden, die mit Bimekizumab behandelt wurden, erreichten in Woche 16 ein höheres Maß an erscheinungsfreier Haut als Patienten, die Ustekinumab (sekundärer Endpunkt in BE VIVID), Placebo (ko-primärer Endpunkt in BE READY und BE VIVID) und Adalimumab (ko-primärer Endpunkt in BE SURE) erhielten. Die Unterschiede waren hoch signifikant. Das mit Bimekizumab in Woche 16 erzielte klinische Ansprechen blieb in allen Studien bis zu einem Jahr erhalten.
Die häufigsten Nebenwirkungen waren Infektionen der oberen Atemwege (14,5 Prozent) und orale Candidose (7,3 Prozent). Häufige Nebenwirkungen (≥ 1/100 bis < 1/10) waren orale Candidose, Tinea-Infektionen, Infektionen des Ohrs, Herpes-simplex-Infektionen, oropharyngeale Candidose, Gastroenteritis, Follikulitis, Kopfschmerzen, Reaktionen an der Injektionsstelle, Fatigue-Syndrom, Akne sowie Dermatitis und Ekzem.
Die Anzahl der bei Schuppenflechte eingesetzten Antikörper nimmt weiter zu. Neuester Vertreter dieser Klasse ist Bimekizumab. Da es sich um den ersten Antikörper handelt, der sowohl das Interleukin 17A als auch IL-17F blockiert, kann Bimekizumab vorläufig als Schrittinnovation gesehen werden. Auch die Studiendaten, unter anderem im Vergleich zu Adalimumab und Ustekinumab, überzeugen. Ansonsten hebt sich der Wirkstoff aber hinsichtlich Wirkprinzip, Einsatzgebiet, Dosierungsintervall und Verträglichkeit nicht von bereits verfügbaren neueren Substanzen ab. Der IL-17A-Antikörper Secukinumab hat zum Beispiel ein deutlich breiteres Anwendungsgebiet. Interessant wäre ein direkter Vergleich von Bimekizumab mit einem reinen IL-17A-Hemmer oder einem IL-23-Inhibitor in einer großen Studie. Aus der Be Radiant-Studie, einem Vergleich Bimekizumab versus Secukinumab, gibt es erste positive Ergebnisse hinsichtlich der Wirksamkeit zugunsten des Neulings. Aber auch die Studienautoren weisen auf die Notwendigkeit größerer und längerer Studien hin.
Sven Siebenand, Chefredakteur