Doppelstrang-Abschnitte und Schleifen als Achillesferse |
Sven Siebenand |
23.11.2020 16:00 Uhr |
Ein langes RNA-Molekül: 29.903 Nukleotide lang ist der genetische Code des SARS-CoV-2-Virus. / Foto: Getty Images/Andriy Onufriyenko
Der genetische Code von SARS-CoV-2 beinhaltet die Information zur Herstellung von 27 Proteinen. Entscheidend für das Überleben der Viren ist auch, wie sie die Bildung der eigenen Proteine steuern können. SARS-CoV-2 nutzt als Steuerelemente für die Protein-Herstellung räumliche Faltungen seines RNA-Erbmoleküls. Wie die Universität Frankfurt informiert, werden überwiegend in Bereichen, die nicht für die Viren-Proteine codieren, aus dem RNA-Einzelstrang Strukturen mit RNA-Doppelstrang-Abschnitten und -schleifen. In »Nucleic Acids Research« berichten Wissenschaftler um Erstautorin Anna Wacker von der Goethe-Universität Frankfurt über insgesamt 15 solcher regulatorischen Elemente. Dazu nutzten sie die Kernresonanz- oder NMR-Spektroskopie, bei der die Atome der RNA einem starken Magnetfeld ausgesetzt werden und so etwas über ihre räumliche Anordnung verraten.
Mitautor Professor Dr. Harald Schwalbe, ebenfalls aus Frankfurt, erläutert: »Mit unseren Ergebnissen haben wir eine breite Basis gelegt, um künftig genau zu verstehen, wie SARS-CoV-2 das Infektionsgeschehen steuert.« Derzeit untersuche man zusammen mit Kooperationspartnern, welche viralen Proteine und welche Proteine der menschlichen Wirtszellen mit den gefalteten regulatorischen Regionen der RNA interagieren, und ob sich daraus Ansatzpunkte für Therapien ergeben können. Schwalbe ist zudem der Meinung, dass das Potenzial der Entdeckung über neue Behandlungsoptionen für Infektionen mit SARS-CoV-2 hinausgeht. »Die Steuerungsregionen der viralen RNA, deren Struktur wir untersucht haben, sind zum Beispiel bei SARS-CoV fast identisch und auch bei anderen Beta-Coronaviren sehr ähnlich. Daher hoffen wir, dass wir einen Beitrag dazu leisten konnten, auf künftige ‚SARS-CoV-3‘-Viren besser vorbereitet zu sein.«
Das Virus SARS-CoV-2 hat unsere Welt verändert. Seit Ende 2019 verbreitet sich der Erreger von Covid-19 und stellt die Wissenschaft vor enorme Herausforderungen. Sie hat sie angenommen und rasch Tests und Impfungen, auch für Kinder, entwickelt. Eine Übersicht über unsere Berichterstattung finden Sie auf der Themenseite Coronavirus.