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RNA-Faltung von SARS-CoV-2

Doppelstrang-Abschnitte und Schleifen als Achillesferse

RNA-Faltungsstrukturen des SARS-CoV-2-Genoms dienen dem Coronavirus offenbar, um den Infektionsverlauf zu steuern. Forscher konnten nun erstmals die Struktur von einigen solcher regulatorischen Elemente bestimmen. Das könnte für die Arzneistoffsuche gegen SARS-CoV-2 und zukünftige Coronaviren sehr wichtig sein.
Sven Siebenand
23.11.2020  16:00 Uhr

Der genetische Code von SARS-CoV-2 beinhaltet die Information zur Herstellung von 27 Proteinen. Entscheidend für das Überleben der Viren ist auch, wie sie die Bildung der eigenen Proteine steuern können. SARS-CoV-2 nutzt als Steuerelemente für die Protein-Herstellung räumliche Faltungen seines RNA-Erbmoleküls. Wie die Universität Frankfurt informiert, werden überwiegend in Bereichen, die nicht für die Viren-Proteine codieren, aus dem RNA-Einzelstrang Strukturen mit RNA-Doppelstrang-Abschnitten und -schleifen. In »Nucleic Acids Research« berichten Wissenschaftler um Erstautorin Anna Wacker von der Goethe-Universität Frankfurt über insgesamt 15 solcher regulatorischen Elemente. Dazu nutzten sie die Kernresonanz- oder NMR-Spektroskopie, bei der die Atome der RNA einem starken Magnetfeld ausgesetzt werden und so etwas über ihre räumliche Anordnung verraten.

Mitautor Professor Dr. Harald Schwalbe, ebenfalls aus Frankfurt, erläutert: »Mit unseren Ergebnissen haben wir eine breite Basis gelegt, um künftig genau zu verstehen, wie SARS-CoV-2 das Infektionsgeschehen steuert.« Derzeit untersuche man zusammen mit Kooperationspartnern, welche viralen Proteine und welche Proteine der menschlichen Wirtszellen mit den gefalteten regulatorischen Regionen der RNA interagieren, und ob sich daraus Ansatzpunkte für Therapien ergeben können. Schwalbe ist zudem der Meinung, dass das Potenzial der Entdeckung über neue Behandlungsoptionen für Infektionen mit SARS-CoV-2 hinausgeht. »Die Steuerungsregionen der viralen RNA, deren Struktur wir untersucht haben, sind zum Beispiel bei SARS-CoV fast identisch und auch bei anderen Beta-Coronaviren sehr ähnlich. Daher hoffen wir, dass wir einen Beitrag dazu leisten konnten, auf künftige ‚SARS-CoV-3‘-Viren besser vorbereitet zu sein.«

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