Diuretika besser als ACE-Hemmer |
Laut einer großen statistischen Erhebung treten unter einer ACE-Hemmer-Erstverordnung mehr kardiovaskuläre Ereignisse auf als unter einer Diuretikum-Erstverordnung. / Foto: Georgia Tech
Wird bei einem Patienten ein behandlungsbedürftiger zu hoher Blutdruck diagnostiziert, stellt sich die Frage, womit dieser medikamentös gesenkt werden soll. Die US-amerikanischen Leitlinien sehen als Erstlinientherapie eine Monotherapie mit einem ACE-Hemmer, Diuretikum (Thiazid/Thiazid-artig), Angiotensin-Antagonisten oder Calciumantagonisten vom Dihydropyridin-Typ oder Nicht-Dihydropyridin-Typ vor. Unter diesen kann der Arzt frei wählen, da sie als gleichwertig eingestuft werden.
Das sind sie jedoch mitnichten, wie Forscher um den Biostatistiker Professor Dr. Marc Suchard von der University of California in Los Angeles jetzt anhand der elektronischen Krankenakten und Daten von 4,9 Millionen Patienten feststellten. Die erfassten Patienten hatten eine medikamentöse Behandlung gegen Bluthochdruck mit jeweils einem Wirkstoff der genannten Klassen begonnen.
Die größten Unterschiede hinsichtlich der Wirksamkeit zeigten sich zwischen ACE-Hemmern und Diuretika. Demnach trat bei Patienten mit einer Diuretikum-Erstverordnung 15 Prozent seltener ein kardiovaskuläres Ereignis auf wie Herzinfarkt, Schlaganfall und Krankenhauseinweisung aufgrund von Herzinsuffizienz als bei Patienten mit einer ACE-Hemmer-Erstverordnung. Zudem war das Sicherheitsprofil der Diuretika dem der ACE-Hemmer überlegen, schreiben die Forscher im Fachmagazin »The Lancet«. Am wenigstens wirksam von den fünf untersuchten Wirkstoffklassen waren Calciumantagonisten vom Nicht-Dihydropyridin-Typ.
In der Studie wurde der Mehrheit der Patienten als Erstverordnung ein ACE-Hemmer verschrieben: 48 Prozent gegenüber 17 Prozent mit einer Diuretikum-Erstverordnung. Die Forscher schätzen, dass mehr als 3100 größere kardiovaskuläre Ereignisse möglicherweise hätten vermieden werden können, wenn anstatt eines ACE-Hemmers ein Diuretikum als Erstverordnung verschrieben worden wäre.
»Randomisierte Studien sind dazu geeignet, die Wirksamkeit und Sicherheit eines Wirkstoffs in einer genau definierten Patientenpopulation zu zeigen«, sagte Koautor Dr. George Hripcsak vom Columbia University Irving Medical Center, New York, in einer Pressemitteilung. Sie seien jedoch ungeeignet, um Vergleiche zwischen mehreren Medikamentenklassen in einer heterogenen Gruppe von Patienten zu ziehen, wie es der Realität entspricht. Diese Lücke könnten große Beobachtungsstudien wie die vorliegende schließen.
Für Europa ist das Ergebnis sicher auch relevant, wenn auch weniger als für die USA. Denn die europäische Leitlinie sieht als Einstieg in die antihypertensive Pharmakotherapie keine Einzelwirkstoffe vor, sondern Kombinationen. Ein ACE-Hemmer oder Angiotensin-Antagonisten soll mit einem Calciumantagonisten oder Diuretikum kombiniert werden.