Digital mit Angst umgehen lernen |
Laura Rudolph |
04.01.2023 18:00 Uhr |
Mehrere Gesundheitsapps bieten Unterstützung bei Angststörungen an. Die Programme basieren mehrheitlich auf der kognitiven Verhaltenstherapie. / Foto: Getty Images/Guido Mieth
Vier der fünf Anwendungen hat das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) bereits dauerhaft in das DiGA-Verzeichnis aufgenommen. Eine zusätzliche Unterstützung durch Ärzte oder Psychotherapeuten kann für Patienten mit einer Angststörung empfehlenswert sein, auch wenn eine entsprechende DiGA genutzt wird.
Die Webanwendung »HelloBetter Panik« der Firma Get.on Institut für Online-Gesundheitstrainings in Hamburg ist konzipiert für Erwachsene mit Panikstörungen, auch in Verbindung mit Agoraphobie. Unter Letzterer wird die Angst vor Situationen verstanden, aus denen man vermeintlich nicht mehr flüchten kann oder keine Hilfe erhält, wenn man in Not gerät.
Der Kurs besteht aus sechs wöchentlich zu absolvierenden Einheiten mit einer Bearbeitungsdauer von je etwa einer Stunde. Mithilfe von Texten, Videos und Audios sowie gezieltem Konfrontationstraining sollen Angstsymptome reduziert werden. Zudem sollen Anwender lernen, zu entspannen und Gedankenmuster zu durchbrechen. Die App dient als Tagebuch sowie als Symptom- und Fortschrittskontrolle. Eine randomisierte, kontrollierte Studie zeigte positive Effekte für Patienten, die neben der Regelversorgung durch Ärzte oder Psychotherapeuten »HelloBetter Panik« nutzten, verglichen mit Patienten, die nur die Regelversorgung erhielten.
Eine weitere Webanwendung ist »Selfapys Online-Kurs bei Generalisierter Angststörung« der Firma Selfapy in Berlin für Menschen ab 18 Jahren. Der Kurs ist in Lektionen unterteilt, die sich Themen wie dem Umgang mit automatisierten Denkmustern, körperlichen Symptomen und Achtsamkeit widmen. Dabei fokussiert jede Lektion auf eine neue Thematik. Durch Expositionsübungen sollen Ängste abgebaut werden. Neben den praktischen Übungen gibt es informative Audio- und Videoclips sowie Texte. Ein persönlicher Psychologe beantwortet Fragen über eine Nachrichtenfunktion.
Ebenfalls als Online-Kurs konzipiert ist »Velibra« der Firma Gaia AG in Hamburg. Dieser richtet sich an Erwachsene mit generalisierter Angststörung, Panikstörung mit oder ohne Agoraphobie oder sozialer Phobie. Das Programm versteht sich als ergänzendes Element zu einer ärztlichen oder psychotherapeutischen Behandlung, etwa durch einen Hausarzt oder Psychotherapeuten. Velibra besteht aus sechs Modulen. Diese befassen sich mit übergeordneten Themen: Einführung in das Programm und in die grundsätzlichen Prinzipien der kognitiven Verhaltenstherapie, Erkennen von Gedankenmustern, Achtsamkeit, Konfrontationstraining, soziale Kompetenz sowie Resümee und Rückfallprophylaxe. Die Verordnungsdauer beträgt 90 Tage, die Hersteller empfehlen jedoch eine Nutzung über 180 Tage, um Gelerntes zu festigen.
Die App »Invirto – Die Therapie gegen Angst« der Firma Sympatient in Hamburg ist konzipiert für Menschen mit Agoraphobie, Panikstörung oder sozialer Phobie und bedient sich hauptsächlich des Expositionstrainings. Mithilfe einer Virtual-Reality-Brille und der digitalen Unterstützung durch Therapeuten oder Ärzte sollen die Anwender lernen, Vermeidungsverhalten zu verringern, um wieder freier und unbeschwerter im Alltag agieren zu können. Sie sollen lernen, ihre Ängste zu verstehen, mit angstassoziierten Symptomen wie Anspannung besser umzugehen und angstbesetzte Situationen nicht zu meiden, sondern aktiv aufzusuchen.
Vorläufig ins DiGA-Verzeichnis aufgenommen ist die App »Mindable: Panikstörung und Agoraphobie« der Firma Mindable Health in Berlin, die ebenfalls als Medizinprodukt der Risikoklasse I zertifiziert ist. Indiziert ist sie für Erwachsene mit Agoraphobie und/oder einer Panikstörung. Die App möchte den Anwender gezielt mit seinen Ängsten konfrontieren. Durch die Symptomprovokation soll er sich an die Angstsymptome gewöhnen und diese als weniger bedrohlich wahrnehmen. Angstverläufe, die während den Expositionsübungen auftreten können, werden dabei live aufgezeichnet, um sie im Nachhinein analysieren zu können. Nutzer können die angstauslösenden Ereignisse sowie ihre Reaktion darauf und ihre Symptome dokumentieren.