Pharmazeutische Zeitung online
Elektronische Gesundheitskarte

Das E-Rezept via EGK – eine Lösung vieler Probleme

Bei der Einführung des E-Rezeptes hakt es. Ein zentrales Problem aus Patientensicht ist der Medienbruch: Statt wie bisher über das Muster-16-Rezept bringen die Patienten ihre Verordnungen über eine Handy-App oder einen Code-Ausdruck in die Apotheke. Damit dies nicht zur Popularitätshürde wird, könnte schon bald ein alternatives Verfahren relevant werden: das E-Rezept über die elektronische Gesundheitskarte (EGK).
Benjamin Rohrer
16.11.2021  09:00 Uhr

Laut Patientendatenschutzgesetz (PDSG) sollen Ärzte ab dem 1. Januar 2022 nur noch über das neue, digitale Verordnungssystem (kurz: E-Rezept) apothekenpflichtige Arzneimittel verordnen. Da aber insbesondere viele Arztpraxen noch nicht ausreichend technisch vorbereitet sind, wird sich die flächendeckende Einführung des E-Rezeptes weit ins Jahr 2022 verschieben. Für die Mediziner gilt dann ein Ausnahmetatbestand im PDSG, der den Ärzten zusichert, dass sie weiterhin auf Muster-16-Rezepten verordnen können, wenn sie technische Probleme haben.

Doch auch aus Sicht der Patienten gibt es noch viele offene Fragen. Vorgesehen ist, dass Patienten ihre Verordnungen künftig in Form eines Data-Matrix-Codes in die Apotheke bringen – entweder gänzlich digital über die E-Rezept-App der Gematik oder haptisch in Form eines Ausdrucks dieser Codes. Doch insbesondere bei der digitalen Smartphone-Übermittlung gibt es Probleme: Denn dafür sind moderne elektronische Gesundheitskarten und Smartphones nötig, über die nur ein Bruchteil der GKV-Versicherten verfügt. Und auch bei den neuartigen Code-Ausdrucken stellt sich die Frage, ob insbesondere ältere Menschen den Medienbruch verstehen, akzeptieren, mitmachen und in ihren Versorgungsalltag integrieren.

DVPMG: Gematik muss EGK-Verfahren entwickeln

Aber vielleicht wird bald ein drittes Verfahren zur E-Rezept-Übermittlung hinzukommen, das über ein Medium funktioniert, welches von allen GKV-Versicherten tagtäglich benutzt wird: die elektronische Gesundheitskarte. Denn mit dem Digitale–Versorgung–und–Pflege–Modernisierungs–Gesetz (DVPMG) hat der Bundestag im Mai dieses Jahres einen Passus beschlossen, der genau das vorsieht: Demnach muss die Gematik bis zum 1. Dezember dieses Jahres ein Verfahren ermöglichen, das es Heilberuflern ermöglicht, mithilfe der EGK der Versicherten auf elektronische Arzneimittelverordnungen zuzugreifen.

Die PZ hat bei der Gematik nachgefragt, wie der Arbeitsstand in dieser Angelegenheit ist. Eine Sprecherin stellte klar, dass die Vorgabe aus dem DVPMG nur die Spezifikationen betreffe – und keine fertig entwickelte Lösung. Heißt konkret: Die Gematik entwirft gerade das technische Konzept und System der Rezept-Übermittlung via EGK, die Umsetzung folgt danach. Die Sprecherin: »Eine Umsetzungsfrist gibt es im Gesetz nicht. Wir arbeiten bereits an der Spezifikation. Nach der aktuellen Planung werden wir das Dokument demnächst in die Vorabveröffentlichung und Kommentierung geben.«

E-Rezept-Übermittlung über die Versichertenstammdaten?

Wie genau die Rezeptübermittlung via EGK funktionieren könnte, dazu will sich die Gematik derzeit noch nicht äußern. Nach Informationen der PZ ist aber eine Übermittlung über den zentralen Fachdienst, also über den E-Rezept-Server, geplant – eine Speicherung der E-Verordnungen auf dem Chip der EGK ist demnach ausgeschlossen. Vielmehr könnte der Apotheker mit dem Stecken der EGK einen Abgleich der Versichertenstammdaten ausführen, was heute schon in Apotheken und mit allen gängigen EGK-Generationen möglich ist. Mit dem Datenabgleich würden auch alle offenen, noch nicht belieferten E-Rezepte, die von Ärzten auf dem Server abgelegt wurden, in die Warenwirtschaft der Apotheke übertragen werden.

Für die Patienten wäre das eine drastische Vereinfachung des Verfahrens – sie könnten ohne Code-Ausdruck und Smartphone in die Apotheke kommen und die verordneten Arzneimittel nach Vorlage ihrer Gesundheitskarte erhalten. Auch die Gematik erhofft sich Vorteile für die Versicherten: »Wir rechnen damit, dass die Funktion, sobald sie eingeführt wird (Planung der Hersteller liegt noch nicht vor), die Akzeptanz deutlich steigern wird, da eine Einlösung auch ohne Smartphone möglich ist.« Wie lange die technische Umsetzung dieses Verfahrens benötigt, ist noch unklar. Sollte allerdings das Verfahren des Versichertenstammdaten-Abgleichs gewählt werden, wäre dies recht einfach zu lösen, weil die Apotheken dazu heute schon technisch in der Lage sind und auf Wunsch des Patienten via EGK bereits abgleichen können, ob die Daten noch aktuell sind. Klar ist allerdings, dass die Software-Häuser der Apotheken noch die nötigen Updates entwickeln müssten. Experten gehen aber davon aus, dass das EGK-Verfahren in sechs Monaten marktreif sein könnte.

Aber nicht nur für die Patienten, sondern auch für die Apotheker hätte die EGK als neues Rezept-Übermittlungsmedium Vorteile. Schließlich ist die Anwendung der Gesundheitskarte rein praktisch gesehen nur in Vor-Ort-Apotheken und nicht im Versandhandel möglich.

Mehr von Avoxa