Coronavariante Delta könnte zurückkommen |
Christina Hohmann-Jeddi |
16.05.2022 17:30 Uhr |
Im Abwasser der Stadt Beer-Sheva in Israel ließ sich RNA der Delta-Variante von SARS-CoV-2 auch bei starker Omikron-Zirkulation noch nachweisen. / Foto: Adobe Stock/Agerpres Foto
Im Verlauf der Coronapandemie sind schon einige neue Varianten von SARS-CoV-2 aufgetaucht, die ihre jeweiligen Vorgänger nach einer kurzen Phase der parallelen Zirkulation vollständig verdrängten. Zuletzt löste die aktuell dominierende Omikron-Variante die Delta-Variante ab. Die Dynamik dieses Prozesses untersuchten nun Forscher um Karin Yaniv von der Ben-Gurion University of the Negev in Beer-Sheva, Israel, anhand von klinischen Proben und Abwasserproben. Die Ergebnisse sind im Fachjournal »Science of The Total Environment« publiziert.
Die Wissenschaftler überwachen seit Beginn der Pandemie das Abwasser von Beer-Sheva, der viergrößten Stadt Israels, auf das Vorkommen von SARS-CoV-2-Varianten. Der aktuellen Analyse zufolge zeigte sich die Übernahme des Infektionsgeschehens durch Omikron in den Abwasserdaten eine Woche früher als in den klinischen Daten. Schon vor dem Auftauchen der Omikron-Variante Ende Dezember 2021 war ein niedriges, konstantes Delta-Signal in den Abwasserproben zu erkennen, das sich auch durch einen starken Anstieg der Omikron-Infektionen und Omikron-RNA im Abwasser nicht veränderte.
Somit habe, anders als erwartet, Omikron die Delta-Variante nicht vollständig verdrängt, schreibt das Team um Yaniv. Wie sich die Zirkulation der beiden Varianten zusammen weiterentwickele, sei noch nicht abschließend zu beurteilen. Um eine Prognose vornehmen zu können, entwickelten die Forscher ein Modell, das die bisherigen Daten der Variantenverbreitung und auch die Immunität von Genesenen mit einbezieht. Diesem Modell zufolge könnte Omikron in den kommenden zwei Monaten verschwinden, während Delta auf niedrigem Niveau weiter zirkulieren und ein unerkanntes Risiko darstellen könne. Die verborgene Zirkulation könnte zu einer neuen Delta-Welle führen oder es könnten neue Varianten entstehen, so die Forscher.
In einem Tweet vom 13. Mai schreibt Bundesgesundheitsminister Professor Karl Lauterbach (SPD), dass man die Delta-Variante nicht unterschätzen dürfe: »Diese wichtige Abwasserproben-Studie aus Israel belegt, dass die tödlichere Delta-Variante trotz Omikron wahrscheinlich nicht einfach verschwindet. Im Herbst brauchen wir Impfstoffe gegen Delta-Varianten und Omikron. Für beide Serotypen müssen wir rüsten.«
Das Virus SARS-CoV-2 hat unsere Welt verändert. Seit Ende 2019 verbreitet sich der Erreger von Covid-19 und stellt die Wissenschaft vor enorme Herausforderungen. Sie hat sie angenommen und rasch Tests und Impfungen, auch für Kinder, entwickelt. Eine Übersicht über unsere Berichterstattung finden Sie auf der Themenseite Coronavirus.