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Engpass-Gesetz

Bundesländer setzen Lauterbach bei Lieferengpässen unter Druck

Bessere Handhabe gegen Lieferengpässe: Die Regierungschefinnen und -chefs der Länder machen Druck für eine verlässlichere Arzneimittelversorgung. Im Rahmen der Ministerpräsidentenkonferenz (MPK) fordern sie Nachbesserungen beim geplanten Engpass-Gesetz.
Ev Tebroke
17.03.2023  14:35 Uhr

Die schwierige und angespannte Lage in der Arzneimittelversorgung aufgrund von Lieferengpässen war auch Thema der Ministerpräsidentenkonferenz, die am 16. März in Berlin stattgefunden hat. Engpässe in der Arzneimittelversorgung stellten ein zunehmendes Problem für das deutsche Gesundheitswesen dar. Dass neben zahlreichen Kinderarzneimitteln mittlerweile auch »lebensrettende Medikamente«, etwa zur Behandlung von Brustkrebs von Engpässen betroffen seien, erfülle die Regierungschefinnen und -chefs mit größter Sorge, heißt es in einem Beschluss zum Thema Engpässe in der Arzneimittelversorgung.

Die Ministerpräsidentinnen und -präsidenten fordern daher von der Bundesregierung ein entschiedeneres Handeln und eine »schnellstmögliche Umsetzung« der im Engpass-Gesetz beschriebenen Maßnahmen. »Dazu gehören insbesondere auch Regelungen für mehrmonatige, versorgungsnahe Lagerhaltung zur Gewährleistung der Versorgungssicherheit, Vereinbarungen zur Kostentragung, ein in Zusammenarbeit mit den pharmazeutischen Unternehmen und Großhändlern zu etablierendes Frühwarnsystem zur verlässlichen Erkennung von Versorgungsengpässen sowie Mechanismen zur Risikominimierung und zur Absicherung der Lieferstrukturen gegen Störungen.«

»Weitere Maßnahmen ergreifen«

Mit Blick auf den geplanten Gesetzentwurf aus dem Ministerium von Bundesgesundheitsminister Professor Karl Lauterbach (SPD) sehen die Länderchefs darüber hinaus dringenden Bedarf an Nachbesserungen. Die bisher ergriffenen oder in Aussicht gestellten Maßnahmen zur Sicherstellung der Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln seien »noch nicht ausreichend«. Deswegen fordern sie die Bundesregierung auf, »weitere geeignete Maßnahmen zur Bekämpfung von Lieferengpässen bei Arzneimitteln zu ergreifen«, heißt es in dem Beschluss.

»Die in Deutschland und in der Europäischen Union in Forschung und Entwicklung sowie in der Produktion engagierten Unternehmen brauchen Berechenbarkeit bei den gesetzlichen Vorschriften, die Berücksichtigung wirtschaftlicher Folgen sozialpolitischer Regulierungen, die gezielte Förderung von europäischen und deutschen Public-Private-Partnership-Projekten und eine bessere Ausstattung der Arzneimittel- und Gesundheitsbehörden. Die Aufmerksamkeit sollte darauf liegen, durch eine angemessene Erstattungspreispolitik, ein attraktives regulatorisches Umfeld und einen effektiven Schutz des geistigen Eigentums bestehende Arzneimittel- und Wirkstoffproduktionen zu erhalten und Neuansiedlungen zu fördern, insbesondere um Versorgungsengpässen entgegenzuwirken.«

Ferner solle sich die Bundesregierung dafür einsetzen, »dass wesentliche Anteile der Arzneimittel- und Wirkstoffproduktion durch geeignete Maßnahmen wieder in die Europäische Union zurückverlagert werden«. Und sie wird aufgefordert, »im Besonderen auch die (Wieder-) Ansiedlung von Produktion in Deutschland durch attraktive Rahmenbedingungen zu forcieren«. Gleiches gelte für die zeitnahe Schaffung eines funktionierenden Rahmens für die klinischen Prüfungen, der die Arzneimittelforschung in Europa nicht gefährdet.

Ruf nach Nachbesserungen wird lauter

Mit den Forderungen der politischen Führungen der Bundesländer wird der Ruf nach Nachbesserungen zum Gesetz nun immer lauter. Auch die ABDA pocht vehement auf eine Nachjustierung. Um die Engpässe bei Rabattarzneimitteln auch zukünftig flexibel handhaben und so die Arzneimittelversorgung weiterhin sicherstellen zu können, fordert die Standesvertretung eine Verstetigung der seit drei Jahren praktizierten Austauschfreiheiten. Im Zuge der Pandemie war den Apothekerinnen und Apothekern mit der SARS-CoV-2 Arzneimittelversorgungsverordnung (AMVV) mehr Spielraum beim Managen der Rabattverträge eingeräumt worden. Dies sollte sicherstellen, dass wenn ein Medikament nicht lieferbar ist, unbürokratisch und schnell auf ein vergleichbares Produkt ausgewichen werden kann und der Patient nicht wieder zurück zum Arzt oder erneut in die Apotheke kommen muss. Mit dem geplanten Engpass-Gesetz werden diese Rechte aber wieder erheblich beschnitten und zudem an eine Engpass-Liste des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) gekoppelt.

Zuletzt hat die Koalition noch kurz vor knapp eine Übergangslösung bewilligt, sodass nach dem Auslaufen der SARS-CoV-2-AMVV zum 7. April die flexiblen Austauschmöglichkeiten zumindest bis zum voraussichtlichen Inkrafttreten des Engpass-Gesetzes zum 1. August erlaubt bleiben.

 

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