BMG will Corona-Sonderregelungen verlängern |
Benjamin Rohrer |
27.06.2022 10:30 Uhr |
Alle in Apotheken geltenden Coronavirus-Sonderregelungen, darunter die Rabattvertragslockerungen und die Impfungen, sollen verlängert werden. / Foto: IMAGO/Wolfgang Maria Weber
Das BMG hat am heutigen Montag einen ersten Entwurf zu einem Covid-19-Schutzgesetz vorgelegt. Zentrales Ziel des Vorhabens ist der Schutz vulnerabler Gruppen vor einer Corona-Infektion. Mit Blick auf die schnelle Verbreitung der Omikron-Varianten BA.4 und BA.5 will das von Professor Karl Lauterbach (SPD) geleitete Ministerium insbesondere für eine höhere Impfquote in der Bevölkerung sorgen, um eine Überlastung des Gesundheitswesens zu verhindern. Außerdem will das BMG einer Empfehlung des Corona-Expertenrats folgen, nach der Kliniken ab dem Herbst 2022 verpflichtet werden sollen, aktuelle Zahlen zur Hospitalisierungsquote und zur Bettenkapazität zu liefern. Des Weiteren soll es finanzielle Zuschüsse für Heilmittelerbringer und Reha-Einrichtungen geben.
Aber auch für Apotheker enthält das Gesetz einige wichtige Neuregelungen. Grundsätzlich will das BMG dafür sorgen, dass die Ermächtigungsgrundlage für die Coronavirus-Testverordnung und die Coronavirus-Impfverordnung bis Ende April 2023 verlängert wird. Für die Testverordnung hatte das Ministerium bereits am vergangenen Freitag einen novellierten Entwurf vorgelegt, der unter anderem eine Einschränkung der Bürgertests und eine Absenkung des Test-Honorars vorsieht. Die Impfverordnung enthält unter anderem die für Apotheken vorgesehenen Honorare, die bei einer Impfung in der Apotheke abzurechnen sind. Die Impfverordnung, die auch die Vergütung der Covid-19-Zertifikate beinhaltet, soll nun bis Ende April 2023 verlängert werden. Das BMG will einen neuen Paragrafen im Infektionsschutzgesetz schaffen, der bei Bedarf weitere Test- und Impfkampagnen ermöglichen soll. Auch das Werbeverbot für SARS-CoV-2-Testungen soll weiter ausgesetzt blieben – sogar bis Ende 2023.
Auch die in Apotheken angebotenen Schutzimpfungen gegen das Coronavirus will das Ministerium beibehalten. Bis Ende April 2023 sollen Apotheken vorerst weiter Corona-Impfungen verabreichen dürfen. Nach der ursprünglichen Regelung hätten die Apotheken die Impfangebote Ende dieses Jahres einstellen müssen. Zudem sieht der Entwurf eine Neuregelung für die Grippeschutzimpfungen vor. Die Apotheken sollen verpflichtet werden, Daten zu den erfolgten Impfungen an das Robert-Koch-Institut (RKI) zu melden. Das RKI soll die Daten über das Verbändeportal des DAV erhalten.
Mindestens genauso bedeutend für die Apotheken ist die Verlängerung der pandemiebedingten Sonderregelungen in der ambulanten Versorgung. Das BMG will grundsätzlich alle Corona-Sonderregeln um ein Jahr verlängern, die in § 5 Absatz 2 des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) beschrieben werden – dazu gehört auch die für Apotheken wichtige SARS-CoV-2-Arzneimittelversorgungsverordnung. Zur Erinnerung: Laut dieser seit April 2020 geltenden Verordnung dürfen die Apotheken beispielsweise auch nicht rabattierte Rx-Medikamente abgeben, wenn das Rabattarzneimittel nicht vorrätig sein sollte. Damit sollen Mehrfachbesuche in der Offizin vermieden und somit das Infektionsrisiko gesenkt werden. Auch das Auseinzeln ist Teil der Verordnung. Bei der Abgabe von Betäubungsmitteln gelten ebenfalls einige Ausnahmen, wie beispielsweise, dass Krankenhaus- und Vor-Ort-Apotheken ohne Erlaubnis an andere Apotheken Betäubungsmittel für die Behandlung von Patienten abgeben dürfen. Zudem enthält das Regelwerk Sondervergütungen für Apotheken, die während der Pandemie eingeführt worden waren, wie etwa das Zusatz-Honorar für die Abgabe von antiviralen Covid-19-Therapeutika. (Hier finden Sie nochmals alle Regelungen der SARS-Cov2-Arzneimittelversorgungsverordnung im Überblick.) Bislang ist diese Verordnung bis November dieses Jahres in Kraft. Stimmt der Bundestag dem nun vorliegenden Gesetz zu, würden alle Sonderregeln bis November 2023 gelten.
Der Entwurf enthält einen weiteren wichtigen Passus zum Thema Covid-19-Zertifikate. Das BMG will gesetzlich festhalten, dass Geimpfte keinen persönlichen Anspruch auf die Ausstellung eines Covid-19-Impfzertifikats haben. Derzeit ist im Infektionsschutzgesetz vorgesehen, dass »auf Wunsch« der Patienten Zertifikate von den Leistungserbringern ausgestellt werden können. Die Vergütungen, die die Kassen dafür zahlen, sind in Verordnungen festgelegt worden und gelten somit weiter. »Vorbehaltlich nationaler oder europäischer Regelungen« soll der grundsätzliche Anspruch auf Zertifikate jedoch gekippt werden. In der Entwurfsbegründung wird erklärt, dass die Leistungserbringer künftig Gebühren für die Zertifikatserzeugung erheben könnten, wenn die in den Verordnungen festgelegten Honorare nicht mehr gelten.
Das BMG will zudem dafür sorgen, dass vulnerable Personengruppen in Pflegeeinrichtungen und Krankenhäusern besser vor Infektionen geschützt werden. Dabei geht es dem Ministerium nicht nur um mögliche, weitere Corona-Ausbrüche, sondern auch um Infektionen mit Antibiotika-resistenten Keimen. Beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) sollen daher zwei neue Kommissionen eingerichtet werden: ein Kommission für Infektionsprävention und Hygiene in Krankenhäusern und in Einrichtungen und Unternehmen der Pflege und Eingliederungshilfe sowie eine Kommission Antiinfektiva, Resistenz und Therapie.
Das Virus SARS-CoV-2 hat unsere Welt verändert. Seit Ende 2019 verbreitet sich der Erreger von Covid-19 und stellt die Wissenschaft vor enorme Herausforderungen. Sie hat sie angenommen und rasch Tests und Impfungen, auch für Kinder, entwickelt. Eine Übersicht über unsere Berichterstattung finden Sie auf der Themenseite Coronavirus.