Bilanz bislang: 85 E-Rezepte von 18 Ärzten |
Der Versender Shop Apotheke will sich im Zuge des E-Rezepts vom Online-Händler zum Gesundheitsdienstleister mausern. / Foto: Shop Apotheke Europe
Der Versender Shop Apotheke erwartet in Deutschland sehnlichst den Start des E-Rezepts. Das wurde heute im Rahmen der Jahresbilanzkonferenz deutlich. Zwar kann der Konzern mit Sitz im niederländischen Sevenum für das Jahr 2021 ein Umsatzwachstum vom 9,5 Prozent auf 1,06 Milliarden Euro verbuchen. Unterm Strich steht in der Geschäftsbilanz für 2021 aber ein Minus von mehr als 74 Millionen Euro – gegenüber dem Vorjahr ein zusätzlicher Verlust von 16,8 Millionen Euro. Grund dafür sei unter anderen auch das schlechte Rx-Geschäft, wie CEO Stefan Feltens heute bei der Vorstellung der Geschäftsbilanz 2021 erläuterte. Demnach ist der Rx-Umsatz um ein gutes Drittel eingebrochen: Die Erlöse aus dem Verkauf von rezeptpflichtigen Medikamenten gingen um rund 35 Prozent beziehungsweise 76 Millionen Euro zurück auf 143,5 Millionen Euro. Grund dafür ist laut Feltens das Rx-Boni-Verbot beim Papierrezept, das seit 2020 greift und aus dem Vor-Ort-Apothekenstärkungsgesetz (VOASG) resultiert.
Die Wende verspricht sich der Versender vom E-Rezept und dem Online-Marktplatz, mit dem Shop Apotheke im Dezember 2021 in Deutschland an den Start gegangen ist. »Der Marktplatz ist ein wichtiger Umsatztreiber«, betonte Feltens heute. Ende 2022 und 2023 sei der Start in weiteren Ländern geplant. Mit dem Start der elektronischen Verordnung in Deutschland rechnet Shop Apotheke nach wie vor für dieses Jahr. »Wir sind startklar fürs E-Rezept«, das unterstreicht Feltens bei jeder Gelegenheit. 85 E-Rezepte habe der Versender seit Oktober 2021 bereits erfolgreich bearbeitet. Insgesamt 18 Ärzte haben demnach bislang diese Verordnungen ausgestellt. Die Rezept-Erstattung lief laut Feltens über 17 Krankenkassen.
Bis das E-Rezept richtig zündet, gelte es nun aber, den Abschluss der E-Rezept-Testphase abzuwarten. Dazu hatten die Gematik-Gesellschafter entsprechende Qualitätskriterien definiert, die für den verbindlichen bundesweiten E-Rezept-Start erfüllt sein müssen. Unter anderem müssen 30.000 Verordnungen erfolgreich abgewickelt worden sein. Unklar sei aber nach wie vor, wie die verbindliche E-Rezept-Einführung dann vonstattengehen soll, stellt Feltens fest: Ob als Big-Bang oder in regionalen Schritten. Hier erwarte er in den nächsten ein bis zwei Monaten eine klare Ansage aus dem Bundesgesundheitsministerium, so Feltens. Klar ist für ihn: »Wir werden unseren Kunden ein ganz tolles Angebot bieten können«, so der CEO. Hier kommt vor allem auch das Lieferkonzept »Now« ins Spiel, mit dem der Versender tagesgleiche Medikamenten-Lieferung garantieren will.
Für dieses Same-Day-Delivery-Konzept in 30 Metropolregionen setzt der Versender auf die Zusammenarbeit mit Apotheken vor Ort. Wie viele das konkret sind, dazu wollte Feltens heute keine Angaben machen, aus »wettbewerbstechnischen Gründen«. Aber anscheinend setzt Shop Apotheke jeweils lediglich auf ein paar ausgesuchte lokale Offizinen. Für die Vor-Ort-Apotheke müsse sich die Zusammenarbeit lohnen, so Feltens: »Nur wenn wir von täglich Hunderten Bestellungen sprechen, ist das für eine kooperierende Apotheke von Interesse.« Angesprochen auf die mögliche Konkurrenz durch derzeit boomende Lieferdienste wie Mayd, First A und Co. sagte Feltens, man beobachte das aufmerksam. Regulatorisch gäbe es aber auch noch einige Unklarheiten, etwa hinsichtlich der Weisungsbefugnis. Grundsätzlich habe man mit »Now eine gute Plattform«, um auch auf sich wandelnde Kundenerwartungen reagieren zu können.
Überhaupt sieht Feltens in dem Plattform-Gedanken das große Zukunftspotenzial. Mit dem Ausbau des Shop-Apotheken-Angebots sei der Versender auf dem Weg »vom Online-Händler hin zu einer E-Pharmacy-zentrierten Plattform Europas« mit breitem Angebot. Neben dem Marktplatz und dem Lieferangebot »Now« soll die Plattform weitere Services wie etwa auch das Medikationsmanagement unter dem Dach der Shop Apotheke vereinen. Speziell mit Blick auf die Chroniker-Betreuung hatte sich der Versender zu Jahresbeginn auch die digitalen Plattformen Smartpatient und Med-App einverleibt. Mit Med-App, ein erst 2016 gegründetes Start-up, das sich auf Medikationsmanagement ebnete sich der Versender etwa auch den Einstieg in den Rx-Markt der Niederlande.
Der heute veröffentlichte Jahresabschlussbericht legte allerdings auch offen, welche Verluste der Konzern im vergangenen Jahr hinnehmen musste. Obwohl das bereinigte Bruttoergebnis im Vergleich zum Vorjahr um 21,4 Prozent auf 266,8 Millionen Euro anstieg, lag der bereinigte Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) bei minus 5,3 Millionen. Nachdem sich der Konzern im vergangenen Jahr hier dem Minus rausarbeiten und ein Plus von 21,6 Millionen verbuchen konnte, fällt er nun also wieder zurück. Insgesamt ergebe sich ein Jahresfehlbetrag von 74,2 Millionen. Bereits im Jahr zuvor lag das Unternehmen im Nettoergebnis mit 16,8 Millionen im Minus.
Auch 2021 profitierte der Konzern von der Covid-19-Pandemie: Dass beispielsweise die Bruttomarge um 2,5 Prozent auf 25,2 Prozent anstieg, resultiere »unter anderem aus einem veränderten Produkt- und Ländermix sowie aus Einmaleffekten bei coronarelevanten Produkten«, heißt es in der Veröffentlichung. Die Kundenzahl sei 2021 ebenso wie im Vorjahr um weitere 1,6 Millionen gestiegen. Insgesamt hat das Unternehmen nun nach eigenen Angaben 7,9 Millionen aktive Kunden.
Im DACH-Segment bestehend aus den Märkten Deutschland, Österreich und Schweiz, das mit mehr als 847 Millionen Euro knapp 80 Prozent des Konzernumsatzes ausgemacht habe, konnte der Konzern aufgrund der Einbußen im Rx-Bereich nur einen leichten Umsatzanstieg von etwa 4 Prozent verzeichnen. In seinem internationalen Segment, welches Belgien, Frankreich, Italien und die Niederlande beinhaltet, verbuchte das Unternehmen hingegen ein größeres Umsatzwachstum von 152,7 Millionen auf 213,2 Millionen Euro (plus 39,6 Prozent). Auch deshalb wolle man 2022 einen wesentlichen Schwerpunkt auf die internationalen Märkte setzen. Der Konzern plane, im Sommer sein erstes Distributionszentrum außerhalb der Niederlande in Mailand zu eröffnen. »Der italienische Markt verfügt über ein enormes Potenzial. Wir sind dort im letzten Jahr dreistellig gewachsen«, erklärte der CFO Jasper Eenhorst.
Das Papier-Rezept ist ein Auslaufmodell. Mit dem E-Rezept sollen alle Arzneimittel-Verordnungen über die Telematikinfrastruktur abgewickelt werden. Wir berichten über alle Entwicklungen bei der Einführung des E-Rezeptes. Eine Übersicht über unsere Berichterstattung finden Sie auf der Themenseite E-Rezept.