Behörden warnen vor Anstieg der Corona-Zahlen |
Derzeit haben in Deutschland Schulkinder die höchste Sieben-Tage-Inzidenzen für Coronainfektionen. / Foto: Adobe Stock/Valeriy Muhmed
Die EU-Gesundheitsbehörde ECDC warnt angesichts von teils nicht ausreichenden Impfquoten vor einer verschlechterten Coronalage in Europa in diesem Herbst. Nur 61,1 Prozent der Gesamtbevölkerung in der EU und den damit eng verknüpften Ländern Norwegen, Island und Liechtenstein seien bislang vollständig geimpft, teilte die in Stockholm ansässige Behörde am Donnerstag mit. Länder, deren Impfquote im oder unter dem momentanen EU-Durchschnitt lägen und die in den nächsten zwei Wochen Pläne zur Lockerung von Coronamaßnahmen hätten, liefen hohe Gefahr, bis Ende November einen deutlichen Anstieg der Fallzahlen, Krankenhauseinlieferungen und Todesfälle zu erleben.
»Vorhersagen zeigen, dass eine Kombination aus hoher Impfrate und effektiver Kontaktverringerung entscheidend dafür ist, das Risiko einer hohen Covid-19-Belastung für die Gesundheitssysteme in diesem Herbst zu reduzieren«, erklärte ECDC-Direktorin Dr. Andrea Ammon. Die Länder sollten weiter danach streben, ihre Impfraten in allen infrage kommenden Altersgruppen zu erhöhen, um so die Infektionslast durch die Delta-Variante im Herbst zu begrenzen. Je nach Lage in den Ländern könnten Beschränkungen bis Ende November weiter nötig sein.
Das Europäische Zentrum für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten (ECDC) wies darauf hin, dass nur Malta, Portugal und Island mehr als 75 Prozent ihrer Gesamtbevölkerung vollständig geimpft hätten. Es gebe deutliche Unterschiede zwischen den jeweiligen Staaten. In Deutschland sind bislang 64,4 Prozent der Bevölkerung vollständig gegen Covid-19 geimpft. 68,0 Prozent haben zumindest ihre erste Impfdosis erhalten.
In ihrer neuen Risikoeinschätzung zur Covid-19-Pandemie wies die Behörde vor allem auf die Gefahren hin, die von der Verbreitung der Delta-Variante des Coronavirus ausgehen. Mittlerweile werden demnach mehr als 99 Prozent aller neu gemeldeten Corona-Fälle dieser Variante (B.1.617.2) zugeschrieben. Die Behörde rechnet für die kommenden Monate mit höheren Anteilen an Coronainfektionen unter Kindern.
Auch das Robert-Koch-Institut (RKI) erwartet für Herbst und Winter wieder einen Anstieg der Infektionszahlen. Das schreibt das Institut in seinem Wochenbericht vom Donnerstagabend. Als Gründe werden insbesondere eine »noch immer große Zahl« ungeimpfter Menschen und die Zunahme von Kontakten in Innenräumen angeführt. Vergangene Woche hätten die Fallzahlen zwar im Vergleich zur Woche zuvor in fast allen Bundesländern abgenommen, in Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern seien jedoch leichte Zunahmen von 4 beziehungsweise 8 Prozent verzeichnet worden, in Bremen stagnierte der Wert.
Das Virus geht nach den Meldedaten besonders stark bei Kindern ab dem Vorschulalter und Jugendlichen bis 19 Jahren um. Die höchste Sieben-Tage-Inzidenz von allen Altersgruppen verzeichnet das RKI für die 10- bis 14-Jährigen mit 168 Ansteckungen pro 100.000 Einwohner in der vergangenen Woche. Es folgen Kinder zwischen fünf und neun Jahren mit einem Wert von 139. Gegen Covid-19 geimpft werden kann bisher ab einem Alter von zwölf Jahren. In den Gruppen ab 60 Jahren liegen die Sieben-Tage-Inzidenzen unter 50.
Die meisten Krankenhauseinweisungen werden laut RKI momentan für Menschen im mittleren Alter (35 bis 59 Jahre) erfasst, die Entwicklung sei insgesamt rückläufig. In Bezug auf die Lage auf Intensivstationen spricht das RKI davon, dass sich bei der Zahl der Menschen mit Diagnose Covid-19 dort über die vergangenen Wochen ein leichtes Plateau abzeichne – mehr als 1300 Betroffene würden versorgt.
Durch Hygienemaßnahmen und Impfung sei die Zahl der Ausbrüche in Alten- und Pflegeheimen und medizinischen Einrichtungen gesunken, twitterte das RKI am Donnerstag. »Diese Maßnahmen sind im Herbst und Winter zum Schutz der Menschen dort weiterhin entscheidend«, lautete der Appell.
Das Virus SARS-CoV-2 hat unsere Welt verändert. Seit Ende 2019 verbreitet sich der Erreger von Covid-19 und stellt die Wissenschaft vor enorme Herausforderungen. Sie hat sie angenommen und rasch Tests und Impfungen, auch für Kinder, entwickelt. Eine Übersicht über unsere Berichterstattung finden Sie auf der Themenseite Coronavirus.