Pharmazeutische Zeitung online
Omikron-Subtypen

BA.4 und BA.5 unter Beobachtung

In Südafrika beobachtet ein Netzwerk von Forschern die neuen Omikron-Linien BA.4 und BA.5 genau. Sie könnten der Immunität durch überstandene Infektionen und Covid-19-Impfstoffe entkommen. Besorgniserregend ist, dass man bereits von einer fünften Welle spricht.
Theo Dingermann
28.04.2022  13:00 Uhr

Omikron fächert sich weiter auf. Im Fokus stehen jetzt die beiden Omikron-Subvarianten BA.4 und BA.5, die auch die Weltgesundheitsorganisation (WHO) längst im Blick hat. Sie stufte bereits auch die beiden neuen Varianten zusammen mit allen anderen Omikron-Subtypen als »besorgniserregend« ein.

Der Subtyp BA.4 wurde erstmals in Südafrika nachgewiesen, berichtet die britische Gesundheitsbehörde UK Health Security Agency. Laut Angaben der öffentlichen Datenbank Gisaid seien demnach Infektionen mit dem Subtypen BA.4 bis Ende März in Südafrika, Dänemark, Botswana, England und Schottland festgestellt worden. Alle Nachweise von BA.5 stammten aus Südafrika

Südafrika als wichtige Informationsquelle

Wieder einmal scheint Südafrika mit seinem guten Surveillance-System das Gebiet zu sein, wo man die Ausbreitung dieser Viren in dem noch frühen Stadium am besten verfolgen kann – mit Benefit für den Rest der Welt. Zentrum des Überwachungs-Systems des Landes ist das »Centre for Epidemic Response and Innovation« (CERI) der Universität Stellenbosch. Professor Dr. Tulio De Oliveira, der erstmals Omikron beschrieb, entdeckte dort nun auch die Omikron-Varianten BA.4 und BA.5.

In einem News-Beitrag auf der CERI-Homepage beruhigt De Oliveira, man müsse wegen BA.4 und BA.5 nicht in Panik geraten. Obwohl sich die Subvarianten in den letzten Monaten in Südafrika rasch verbreitet hätten, seien die Raten der Covid-19-Fälle und -Krankenhausaufenthalte in dem Land noch stabil. Im Moment, so De Oliveira, »ist es einfach an der Zeit, sorgfältig und gewissenhaft, aber ruhig zu arbeiten«.

Steht Südafrika vor einer fünften Welle?

Und dennoch: Auf Twitter warnte gestern das CERI, dass Südafrika derzeit von einer neuen Coronainfektions-Welle heimgesucht werde. »Die fünfte Welle ist da. Passt auf euch auf«, heiß es in dem Thread.

Dr. Ridhwaan Suliman, Wissenschaftler am Council for Scientific and Industrial Research (CSIR) informiert auf Twitter, dass mit einem Verhältnis von 6,3 neuen Fällen pro 100.000 Einwohner und einer Positivitätsrate von über 10 Prozent (16,9 Prozent) Schwellenwerte erreicht seien, die auf einen weiteren Anstieg hindeuteten: »Starker Anstieg der Infektionsraten, steigende Zahlen von Krankenhausaufenthalten, gemeldete Todesfälle bleiben gering«.

Auch Drosten informiert

Auch der Berliner Coronavirus-Forscher Professor Dr. Christian Drosten meldete sich auf Twitter zu den neuen Omikron-Varianten zu Wort. Er betont, dass die Varianten BA.4. und BA.5 nicht direkt von den momentan stark kursierenden Varianten BA.1, BA.2 oder BA.3 abstammen. Alle fünf Subvarianten haben jedoch einen gemeinsamen Omikron-Vorläufer.

BA.4. und BA.5 besitzen im Vergleich zu Omikron im Spike-Protein eine L452R-Mutation, die man auch bereits von der Delta-Variante kennt. Man weiß, dass diese Mutation im Hamster die Virulenz erhöht und wohl auch für eine gewisse Immunflucht verantwortlich gemacht werden kann. Zusätzlich gibt es eine F486V-Mutation, die ebenfalls mit Immunflucht einhergehen dürfte. Dies könnte der Grund für die schnelle Ausbreitung der Varianten seit Mitte April in Südafrika sein. Drosten vermutet, dass die Variante einen Immunschutz in einer Bevölkerung unterlaufe, in der es (wie in Südafrika) keine BA.2-Welle gab.

Außerdem, so Drosten, beobachte man in den USA und in anderen Ländern wie Indien eine Zunahme von BA.2-Stämmen mit weiteren Mutationen an Position L452. Diese Mutante bezeichnet man als BA.2.12.1. Die Mutationen an L452 könnten den Viren eine erhöhte Virulenz verleihen.

Laut dem wöchentlichen Lagebericht des Robert-Koch-Instituts vom 21. April 2022 konnte in Deutschland bis zum 18. April in insgesamt 25 Proben BA.5 nachgewiesen werden, davon sechs in der Stichprobe der 14. Kalenderwoche. Damit liegt der Anteil von BA.5 an allen Nachweisen bei 0,2 Prozent. Dagegen wurde BA.4 innerhalb des Berichtszeitraums nicht entdeckt.

Mehr von Avoxa