Mehr als nur Regelschmerzen |
29.11.2016 10:30 Uhr |
Von Iris Hinneburg / Starke Schmerzen während der Regelblutung können auf eine Endometriose hinweisen. Für die betroffenen Frauen bringt die Erkrankung aber noch deutlich mehr Probleme mit sich. Daher ist eine sensible Beratung in der Apotheke gefragt.
Von beschwerdefrei bis krank während der Regelblutung: Frauen mit einer Endometriose leiden in sehr unterschiedlichem Ausmaß unter gesundheitlichen Problemen. Die Erkrankung entsteht durch Gebärmutterschleimhaut-(Endometrium)-Gewebe, das sich außerhalb der Gebärmutter befindet. Die Endometriose-Herde unterliegen den gleichen Einflüssen von Estrogen und Progesteron und somit zyklischen Veränderungen wie die Schleimhaut innerhalb der Gebärmutter. Abgestorbene Schleimhautzellen werden zum Teil resorbiert, können aber Entzündungen und die Bildung von Zysten begünstigen.
Massive Schmerzen während der Menstruation können eine Endometriose anzeigen.
Foto: Fotolia/ Piotr Marcinski
Die Endometriose-Herde finden sich häufig im Bereich des Beckens, etwa an der Außenwand von Gebärmutter oder Ovarien, können aber auch an Harnblase oder Rektum angesiedelt sein. Auch Zysten können sich daraus entwickeln. Bei Befall der Ovarien sprechen Mediziner dann von Endometriomata. Da die Zysten auf den Eierstöcken meist mit verdicktem dunklem Blut gefüllt sind, werden sie auch »Schokoladen-Zysten« genannt (1). Wächst das Schleimhautgewebe in die Muskelschicht der Gebärmutter ein, entsteht das Krankheitsbild der Adenomyose (2).
Ungeklärte Ursachen
Wie und warum sich eine Endometriose entwickelt, ist bisher nicht bekannt. Es existieren einige Theorien zur Entstehung.
So könnte sich eine Endometriose während der Regelblutung entwickeln, wenn Gewebe und Blut nicht komplett durch die Scheide abfließen, sondern über die Eileiter in die Bauchhöhle gelangen (retrograde Menstruation). Aber nicht alle Frauen mit retrograder Menstruation entwickeln eine Endometriose, und die Hypothese erklärt auch nicht die seltenen Fälle, in denen sich solche Herde außerhalb des Beckens befinden, etwa an der Lunge.
Anderen Theorien zufolge könnten sich die Herde aus undifferenzierten Zellen des Bauchfells entwickeln oder über die Lymphbahnen aus der Gebärmutter an andere Orte gelangen. Auch Veränderungen im Immunsystem, sodass sich Gewebe an unüblichen Lokalisationen ansiedeln kann, oder genetische Einflüsse werden diskutiert. Wahrscheinlich sind mehrere Faktoren gleichzeitig für die Entstehung der Erkrankung verantwortlich (3).
In einigen Fällen finden sich Endometrium-Zellen in Operationsnarben, etwa nach einer Entfernung der Gebärmutter oder einem Kaiserschnitt. Hier gehen Experten davon aus, dass das Gewebe mechanisch übertragen wurde (2).
Symptom | alternative Diagnosen (Auswahl) |
---|---|
Regelschmerzen | physiologische Beschwerden |
Schmerzen beim Geschlechtsverkehr | psychosoziale Probleme, trockene Scheide |
Schmerzen beim Wasserlassen | Blasenentzündung |
Schmerzen beim Stuhlgang | Verstopfung, Analfissuren |
chronische Unterbauchschmerzen | Reizdarmsyndrom, neuropathische Schmerzen, Verwachsungen |
zusätzliches Gewebe an Eierstöcken oder Eileitern | gutartige oder bösartige Eierstockzysten, Stauung von Flüssigkeit im Eileiter (Hydrosalpinx) |
Vielfältige Symptome
Je nach Lokalisation der versprengten Schleimhaut können unterschiedliche Symptome entstehen. Die Erkrankung kann aber auch ohne größere Symptome und damit unbemerkt verlaufen.
Typische Beschwerden sind starke krampfartige Unterleibsschmerzen während der Regelblutung, die in andere Körperteile ausstrahlen können. In extremen Fällen treten auch gastrointestinale Probleme wie Übelkeit, Erbrechen oder Durchfälle auf. Bei einigen Frauen führen die Gewebeherde zu Schmerzen beim Geschlechtsverkehr (Dyspareunie). Ansiedlungen an Blase oder Rektum können Schmerzen beim Wasserlassen oder Stuhlgang auslösen (Tabelle 1).
Die Beschwerden sind bei einigen Frauen so stark, dass sie in dieser Zeit ihren Alltag nicht oder nur teilweise bewältigen können. In manchen Fällen bestehen die Beschwerden auch außerhalb der Regelblutung. Sind die Ovarien oder Eileiter betroffen, ist es für die Frauen häufig schwierig, schwanger zu werden. Insgesamt beeinträchtigt eine Endometriose die Lebensqualität sehr stark (1).
Ungewisser Verlauf
Bei starken Regelschmerzen besser zum Arzt
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Symptome treten üblicherweise in der fruchtbaren Zeit, also zwischen der ersten und der letzten Regelblutung einer Frau auf. Sie können sich bald nach der Menarche, manchmal aber auch erst deutlich später bemerkbar machen. Sehr selten persistieren sie nach der Menopause (1).
Individuell kann sich eine Endometriose sehr unterschiedlich entwickeln. Bei etwa der Hälfte aller betroffenen Frauen schreitet die Erkrankung weiter fort, es bilden sich also neue Absiedlungen von Schleimhaut. Es gibt aber auch Patientinnen, bei denen die Krankheit stabil bleibt. Bei jeder dritten Patientin bilden sich die Schleimhaut-Herde auch ohne Behandlung im Lauf der Zeit zurück. Welche Faktoren für den Krankheitsverlauf entscheidend sind und ob und wie sie sich beeinflussen lassen, ist nicht bekannt (1, 4).
Nur grobe Schätzungen
Wie viele Frauen betroffen sind, lässt sich schwer schätzen. Zum einen sind leichtere Fälle einer Endometriose klinisch nicht leicht von stärkeren Regelschmerzen zu unterscheiden, für die in der Regel hormonelle Kontrazeptiva verordnet werden. Bei Ansprechen auf diese Therapie erfolgt meist keine weitere Abklärung. Zum anderen dauert es häufig sehr lange, manchmal bis zu zehn Jahre nach Auftreten der ersten Symptome, bis die Frau die richtige Diagnose erhält. Das gilt besonders dann, wenn nur Schmerzen auffallen, die Fruchtbarkeit aber nicht beeinträchtigt ist (2). Entsprechend gibt es große Spannbreiten bei den Angaben zur Häufigkeit. Sie liegen bei etwa 1,5 Prozent aller Frauen in der Allgemeinbevölkerung (4); bei Frauen mit starken schmerzhaften Regelblutungen sollen 40 bis 60 Prozent von einer Endometriose betroffen sein. Stille Herde, die keine Symptome verursachen, könnten bei 2 bis 50 Prozent aller Frauen vorkommen (1).
Experten schätzen, dass in Deutschland jedes Jahr etwa 40 000 Neuerkrankungen auftreten und etwa 20 000 Frauen wegen Endometriose im Krankenhaus behandelt werden müssen (2). Insgesamt gilt sie als eine der häufigsten gynäkologischen Erkrankungen (1, 2).
Wirkstoff(gruppe) | Wirkungsmechanismus | Anwendungsdauer |
---|---|---|
kontinuierliche Gabe von Gestagenen | Unterdrückung der Ovar-Aktivität | langfristig |
kombinierte hormonelle Kontrazeptiva (Langzyklus oder kontinuierliche Einnahme) | siehe oben | langfristig |
GnRH-Analoga: Buserelin, Goserelin, Leuprorelin, Nafarelin, Triptorelin | siehe oben | 6 Monate |
Intrauterinpessar mit Levonorgestrel- Freigabe | Unterdrückung des Aufbaus der Endometrium-Schleimhaut und untergeordnet auch Unterdrückung der Ovar-Aktivität | langfristig |
Besser zum Arzt
Die Symptome bei einer Endometriose sind nicht immer eindeutig. Die Grenzen der Selbstmedikation sind bei Frauen erreicht, die sich durch Schmerzen bei der Regelblutung stark beeinträchtigt fühlen und bei denen OTC-Analgetika nicht ausreichend helfen. Dann ist ein Arztbesuch sinnvoll. Schmerzen beim Geschlechtsverkehr, beim Wasserlassen oder Stuhlgang sollten ebenfalls ärztlich abgeklärt werden. Auch bei chronischen Schmerzen im Unterbauch oder unteren Rücken sollte die Frau zum Arzt gehen.
Die meisten dieser Symptome können auch andere Ursachen haben (Tabelle 1). Daher ist beim Arzt neben einer ausführlichen Anamnese auch eine körperliche und gynäkologische Untersuchung nötig. Eine Ultraschalluntersuchung über die Bauchdecke lässt größere Endometriose-Herde im Bereich des Beckens erkennen. Zur Erkennung von Zysten an den Ovarien wird ein vaginaler Ultraschall empfohlen (1, 4).
Eine definitive Diagnose ist nur anhand einer Bauchspiegelung (Laparoskopie) möglich. Experten diskutieren kontrovers, ob diese invasive Untersuchung in jedem Fall (2) oder nur dann erfolgen sollte, wenn die Patientin auf hormonelle Therapieversuche nicht anspricht oder diese nicht möglich sind (4, 5).
Es gibt mehrere Systeme zur Klassifikation der Erkrankung, die sich hauptsächlich auf die Ausbreitung und Größe der Endometriose-Herde beziehen. Eine Einteilung nach betroffenen Regionen nimmt die deutsche Leitlinie vor und unterscheidet die peritoneale, ovarielle und tief infiltrierende Endometriose sowie die Adenomyose (2).
Hormonelle Kontrazeptiva können die Schmerzen bei Endometriose lindern, sind aber kontraproduktiv bei Kinderwunsch.
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Das System der American Society for Reproductive Medicine (ASRM) vergibt Punktwerte für Größe und Anzahl der Endometriose-Herde sowie die Frage, ob sich die Veränderungen an der Oberfläche oder tiefer im Gewebe befinden. Die tief infiltrierende Endometriose kommt im ASRM-System nicht vor. Daher wurde das Enzian-System entwickelt, das sich für die standardisierte Beschreibung dieses Endometriose-Typs eignet. Es umfasst Angaben zur Lokalisation und Größe der Herde (6).
Keines dieser Systeme korreliert gut mit dem Ausmaß an Schmerzen und Fruchtbarkeitsstörungen, die für die betroffenen Frauen relevant sind. Auch Aussagen über die Prognose lassen sich damit nicht treffen (2, 6, 7).
Informiert individuell entscheiden
Je nach Art und Intensität der Beschwerden stehen diverse Behandlungsoptionen zur Verfügung – aber keine kann eine Endometriose endgültig heilen. Alle Optionen können lediglich die Beschwerden über einen längeren oder kürzeren Zeitraum verringern.
Insgesamt ist die Studienlage zur Behandlung der Endometriose ziemlich dünn, sodass Patientin und Arzt bei den Therapieentscheidungen mit einer erheblichen Unsicherheit konfrontiert sind (5). Welche Behandlung zu bevorzugen ist, müssen sie individuell entscheiden und neben dem zu erwartenden Therapieerfolg auch mögliche Nebenwirkungen bedenken. Auch der Stand der Familienplanung spielt eine wichtige Rolle (1, 2).
NSAR und Hormone gegen den Schmerz
Zur Schmerzbehandlung kommen oft nicht steroidale Antiphlogistika (NSAR) zum Einsatz, bei stärkeren Beschwerden unter Umständen auch Opioid-Analgetika. Analgetika können zusätzlich zu anderen Therapieoptionen verwendet werden.
Vergleich | Relativer Effekt (95-%-KI) | Absoluter Effekt | Bemerkungen |
---|---|---|---|
laparoskopische Entfernung versus laparoskopische Diagnostik, 69 Patientinnen in 1 Studie | OR 10,00 (3,21 bis 31,17) | Bei 732/1000 Frauen verbessern sich die Schmerzen nach Entfernung der Endometriose-Herde, nur mit Diagnostik bei 214/1000 Frauen. | Unterschied klinisch relevant, allerdings aufgrund von methodischen Mängeln der Studien nur niedriges Vertrauen in den Effektschätzer |
laparoskopische Entfernung versus laparoskopische Diagnostik und Therapie mit GnRH-Analogon, 35 Patientinnen in 1 Studie | OR 5,63 (1,18 bis 26,85) | Bei 530/1000 Frauen verbessern sich die Schmerzen nach Entfernung der Endometriose-Herde, mit Diagnostik und GnRH-Analogon bei 167/1000 Frauen. | siehe oben |
Da die Schmerzmittel bei Endometriose relativ schlecht untersucht sind (8), stützt sich die Verwendung von NSAR hauptsächlich auf deren nachgewiesene Wirksamkeit bei starken Regelschmerzen. Die verschiedenen Arzneistoffe lindern Regelschmerzen besser als ein Scheinmedikament, unterscheiden sich in ihrer Wirksamkeit aber nicht. Inwiefern diese Ergebnisse auch auf Patientinnen mit Endometriose übertragbar sind, ist fraglich (9).
Hormonelle Therapien senken die Ausschüttung von Estrogenen aus den Ovarien und beeinflussen so auch den Aufbau der Schleimhaut in den Endometriose-Herden. Studien haben gezeigt, dass verschiedene Wirkstoffe die Schmerzen deutlich reduzieren können. Die schmerzhemmende Wirkung hält aber nur während der Einnahmedauer an. Eingesetzt werden kombinierte hormonelle Kontrazeptiva, verschiedene Gestagene und Analoga des Gonadotropin-releasing-Hormons (Tabelle 2). Orale Kontrazeptiva, Gestagene und GnRH-Analoga linderten Schmerzen in Studien in vergleichbarem Ausmaß. Der Effekt war klinisch relevant und unterschied sich deutlich von Placebo (10, 11).
Mitunter ist eine operative Entfernung der Endometriose-Herde sinnvoll. Der Eingriff erfolgt häufig laparoskopisch.
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Explizit zugelassen für die Behandlung einer Endometriose sind nur die GnRH-Analoga und Dienogest. Laut Fachinformation liegen zum Dienogest-Einsatz bisher nur Erfahrungen über maximal 15 Monate vor. Patientinnen mit Endometriose nehmen orale Kontrazeptiva häufig im Langzyklus, also ohne Pillenpause ein. Da alle hormonellen Therapien den Eisprung hemmen, eignen sie sich nicht als Dauertherapie bei Kinderwunsch (1, 4).
Als Nebenwirkungen sind bei Gestagenen Zwischenblutungen, Gewichtszunahme und Akne bekannt, bei den kombinierten oralen Kontrazeptiva Übelkeit und Kopfschmerzen (4). Die GnRH-Analoga führen wegen ihrer starken ovariellen Suppression bei vielen Patientinnen zu vasomotorischen Beschwerden wie Hitzewallungen. Eine Anwendung länger als sechs Monate kann die Knochendichte senken. Daher gelten sie zur Therapie der Endometriose nur als Mittel der zweiten Wahl.
Soll die Behandlung länger als sechs Monate andauern, empfiehlt die Leitlinie eine Add-back-Therapie in Form einer niedrig dosierten Hormonbehandlung (Estrogen-Gestagen-Kombination oder Tibolon). »Add back« bedeutet, dass der Körper einen Teil der Hormone »zurückerhält«, die er durch die hormonsupprimierende Therapie nicht mehr selbst produziert. Levonorgestrel-haltige Intrauterin-Pessare (»Hormonspirale«) sind bisher hauptsächlich nach der operativen Behandlung einer Endometriose untersucht (1, 4).
Nutzen der Operation
In bestimmten Fällen kann eine operative Entfernung der Endometriose-Herde sinnvoll sein. Der Eingriff erfolgt häufig laparoskopisch. Allerdings bilden sich bei fast 80 Prozent der operierten Frauen innerhalb von fünf Jahren nach dem Eingriff erneut Herde (1). Eine systematische Übersichtsarbeit (12) hat den Nutzen der Operation bei Frauen mit leichten bis moderaten Beschwerden untersucht. Diese verringerte die Schmerzen über einen Zeitraum von zwölf Monaten besser als eine rein diagnostische Laparoskopie mit oder ohne Gabe eines GnRH-Analogons (Tabelle 3).
Studien weisen auf einen möglichen Zusammenhang zwischen Endometriose und Fruchtbarkeitsstörungen hin. So liegt bei etwa 25 bis 50 Prozent aller Frauen im fruchtbaren Alter, die trotz regelmäßigen Geschlechtsverkehrs innerhalb eines Jahres nicht schwanger werden, eine Endometriose vor. Umgekehrt leiden etwa 30 bis 50 Prozent aller Frauen mit Endometriose unter Infertilität. Jedoch ist ein kausaler Zusammenhang nicht zweifelsfrei belegt und auch die Mechanismen sind unklar. Diskutiert werden eine reduzierte ovarielle Reserve, verringerte Eizellqualität, Funktionsstörungen oder Verwachsungen der Eileiter sowie Probleme bei der Einnistung (4).
Gemäß einer Metaanalyse aus zwei Studien mit 382 Patientinnen verdoppelte die laparoskopische Entfernung der Endometriose-Herde bei Frauen im Vergleich zu einer rein diagnostischen Laparoskopie die Chance auf eine Lebendgeburt oder intakte Schwangerschaft (Odds ratio 1,94; 95-%-Konfidenzintervall 1,20 bis 3,16; moderate Qualität der Evidenz) (12). Allerdings geben Experten zu bedenken, dass bei einer Operation an den Ovarien auch Eizellen verloren gehen können, was die Wahrscheinlichkeit einer Schwangerschaft reduziert. Treten nach einer Operation erneut Herde auf und ist die Frau nicht schwanger geworden, raten Fachleute daher eher zu einer Kinderwunsch-Behandlung (assistierte Reproduktion) als zu einem erneuten operativen Eingriff.
Bei einer tief infiltrierenden Endometriose gibt es bisher keine verlässlichen Studien zu der Frage, ob eine Operation die Fertilität erhöht (2). Eine rein medikamentöse Vorbehandlung mit Hormonen verbessert die Chancen auf eine Schwangerschaft nicht (16).
Ob eine medikamentöse Behandlung vor oder nach einem operativen Eingriff den Therapieerfolg verbessern oder länger aufrechterhalten kann, wurde nur in wenigen Studien untersucht – mit widersprüchlichen Ergebnissen (13, 14). Die aktuelle Endometriose-Leitlinie empfiehlt daher keine zusätzliche Therapie (2).
Hat die Frau nach der Operation weiter Schmerzen, bietet ein Intrauterin-Pessar mit Levonorgestrel eine Behandlungsoption. In einer Metaanalyse mit zwei Studien von moderater Qualität mit insgesamt 95 Patientinnen stellten die Autoren fest, dass die Einlage einer Hormonspirale das Risiko für das Wiederauftreten schmerzhafter Blutungen deutlich senkte. Mit Hormonspirale berichteten weniger als 1 Prozent der Frauen über solche Probleme, ohne Nachbehandlung waren es fast 4 Prozent (relatives Risiko 0,22; 95%-Konfidenzintervall 0,08 bis 0,60) (15).
Bei sehr starken Beschwerden und entsprechender Lokalisation der Endometriose-Herde kann auch eine Entfernung der Gebärmutter und/oder der Ovarien erwogen werden, wenn die Frau ihre Familienplanung abgeschlossen hat. Besonders für eine Adenomyose gibt es bisher keine Alternative mit nachgewiesener Wirksamkeit. Neben der Schwere des Eingriffs ist zu bedenken, dass bei Entfernung der Eierstöcke abrupt menopausale Beschwerden auftreten können. Bleiben die Ovarien erhalten, können nicht entfernte Schleimhaut-Herde weiter Probleme bereiten (1, 2).
Erhöhtes Tumorrisiko?
Endometriose-Herde gelten grundsätzlich als gutartiges Gewebe, weisen aber einige Gemeinsamkeiten mit malignen Veränderungen auf. In vielen Fällen haben sie die Tendenz zum Wachstum, auch in andere Gewebe hinein, und können diese gelegentlich zerstören. Ebenso können sie neue Blutgefäße ausbilden (Neoangiogenese) und sich in seltenen Fällen in weiter entfernte Organe wie die Lunge ausbreiten.
Eine Endometriose bedeutet für die Frauen oft einen langen Leidensweg und schränkt die Lebensqualität spürbar ein. Vielfach kann ihnen eine einfühlsame und anteilnehmende Beratung in der Apotheke helfen. Das Apothekenteam kann verlässliche Informationen über die Erkrankung geben und auf Spezial-Sprechstunden und Selbsthilfegruppen hinweisen. Einige Informationsquellen:
In Studien finden sich Hinweise darauf, dass das Risiko für maligne Veränderungen bei Frauen mit Endometriose möglicherweise leicht erhöht ist. Das betrifft vor allem die Wahrscheinlichkeit, an einem Ovarialkarzinom zu erkranken; dieses macht rund 80 Prozent aller Endometriose-assoziierten Krebserkrankungen aus. Es können auch andere Organe betroffen sein, etwa der Darm oder das Peritoneum (Bauchfell), die bei einer tief infiltrierenden Endometriose befallen werden (17).
Die Studienlage ist nicht ganz eindeutig, und zum Ausmaß der Risikozunahme findet man sehr unterschiedliche Zahlen. Das hängt häufig damit zusammen, dass die Studien sich in ihren Designs, der Diagnosestellung (selbst-berichtete Beschwerden oder laparoskopisch bestätigte Endometriose) und der statistischen Auswertung (Berücksichtigung von Störfaktoren) unterscheiden. Eine systematische Übersichtsarbeit von Fall-Kontroll-Studien stellte außerdem fest, dass das Risiko für verschiedene Subtypen eines Ovarialkarzinoms divergiert. Für alle Arten eines invasiven Ovarialkarzinoms berechneten die Forscher eine Risikoerhöhung von rund 50 Prozent im Vergleich zu Frauen, die nicht an Endometriose erkrankt waren (Odds ratio 1,49; 95-%-Konfidenzintervall 1,31 bis 1,63). Bei einigen Subtypen stieg das Risiko dagegen um den Faktor 2 oder 3, bei anderen war kein eindeutiger Zusammenhang festzustellen (18).
Ob es tatsächlich einen kausalen Zusammenhang zwischen Endometriose-Herden und späteren Krebserkrankungen gibt, ist noch nicht vollständig verstanden. Derzeit konkurrieren zwei Theorien. Eine geht davon aus, dass Zellen der Herde entarten und sich zu Tumorzellen entwickeln. Als mögliche Auslöser werden beispielsweise oxidative Prozesse diskutiert, die durch Eisen im Menstruationsblut vermittelt werden und zu Schäden an der DNA führen. Auch genetische Faktoren wie Veränderungen in Tumor-Suppressor-Genen sollen eine Rolle spielen. Dabei entstehen dieser Theorie zufolge als Zwischenstadium hyperplastische Zellen (atypisches Endometrium-Gewebe). Die zweite Theorie postuliert, dass Endometriose und ein Ovarialkarzinom nur zufällig zusammen vorkommen, weil es gemeinsame Risikofaktoren gibt, etwa eine frühe erste Regelblutung. Umgekehrt gelten die Verwendung hormoneller Kontrazeptiva oder Geburten als protektive Faktoren (17). Da die zugrundeliegenden Daten allesamt aus Beobachtungsstudien stammen, ist nicht eindeutig klar, ob tatsächlich ein kausaler Zusammenhang besteht.
Angesichts der vielen Unklarheiten gibt es keine eindeutigen Empfehlungen, wie mit dem möglicherweise erhöhten Risiko in der Praxis umzugehen ist. Die Leitlinie rät dazu, die Situation individuell mit der Patientin zu besprechen und dabei die Gefahr nicht zu übertreiben (2). /
Iris Hinneburgstudierte Pharmazie an der Philipps-Universität Marburg und wurde an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg promoviert. Nach Tätigkeiten in Forschung und Lehre in Halle und Helsinki (Finnland) arbeitet sie heute freiberuflich als Medizinjournalistin. Ihr Schwerpunkt ist die pharmazeutische Fortbildung. Sie ist Fachbuchautorin und produziert einen Podcast mit Themen aus Medizin und Pharmazie für die Fortbildung in der Apotheke.
Dr. Iris Hinneburg
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