Pharmazeutische Zeitung online
ZL-Reihenuntersuchung

Schnell freisetzende Risperidon-2-mg-Tabletten im Vergleich

08.11.2010  13:23 Uhr

Von Andrea Jürgens, Stephanie Spahl, Markus Waßmuth, Jan Hüsch, Mona Tawab und Manfred Schubert-Zsilavecz / Das ZL hat 2009 eine vergleichende Untersuchung von schnell freisetzenden Risperidon-2-mg-Präparaten des deutschen Marktes durchgeführt. 31 Produkte wurden hinsichtlich ihrer pharmazeutischen Qualität geprüft.

Risperidon ist ein atypisches Neuroleptikum, das sich durch einen potenten 5-HT2A-Rezeptor-Antagonismus auszeichnet und eine geringe Affinität zu D2-Rezeptoren aufweist. Darüber hinaus blockiert es α1- und H1-Rezeptoren. Im Vergleich zu klassischen Neuroleptika verbessert Risperidon als D2-Rezeptor-Antagonist die Positiv-Symptome der Schizophrenie und verursacht eine geringere Dämpfung der motorischen Aktivität.

PZ-Originalia

In der Rubrik Originalia werden wissen­schaftliche Untersuchungen und Studien veröffentlicht. Eingereichte Beiträge sollten in der Regel den Umfang von zwei Druckseiten nicht überschreiten und per E-Mail geschickt werden. Die PZ behält sich vor, eingereichte Manuskripte abzulehnen. Die veröffentlichten Beiträge geben nicht grundsätzlich die Meinung der Redaktion wieder.

Nach oraler Gabe wird Risperidon fast vollständig resorbiert und über CYP2D6 zu dem aktiven Metaboliten 9-Hydroxy-Risperidon metabolisiert, dessen Plasmahalbwertszeit 24 Stunden beträgt, während Risperidon selbst eine Plasmahalbwertszeit von drei Stunden besitzt.

Risperidon wird ein- bis zweimal täglich während der Mahlzeit eingenommen und sollte nicht zusammen mit schwarzem oder grünem Tee aufgenommen werden.

 

Die Indikationen sind neben schizophrenen Psychosen auch schwere chronische Aggressivität und der Einsatz bei Demenz. Häufig werden während der Therapie Schlaflosigkeit, Angstzustände und Kopfschmerzen beobachtet, zudem kann es zu einer Gewichtszunahme kommen.

 

Material und Methoden

 

In Tabelle 1 sind die in die Untersuchung einbezogenen Fertigarzneimittel gelistet. Alle Präparate wurden über den pharmazeutischen Fachhandel bezogen.

Tabelle 1: Untersuchte Risperidon-Fertigarzneimittel (20 mg Filmtabletten)

Nr. Handelsname Hersteller / Pharmazeutischer Unternehmer /
Import, Umverpackung und Vertrieb
Chargen-Nr. Haltbarkeit
1 Risperidon Aurus 2 mg Quisisana Pharma B838 06/2012
2 Risperidon beta 2 mg betapharm Arzneimittel GmbH 8F69 06/2011
3 Risperidon Abz 2 mg Abz-Pharma GmbH H39670 06/2010
4 Risperidon dura 2 mg Mylan dura GmbH 79812B 06/2011
5 Risperidon-CT 2 mg CT Arzneimittel GmbH I17403 03/2011
6 Risperidon Sandoz 2 mg Sandoz Pharmaceuticals GmbH 8Y719 08/2011
7 Risperidon AWD 2 mg AWD pharma & Co. KG 8A003A 01/2011
8 Risperidon Hennig 2 mg Hennig Arzneimittel GmbH & Co. KG 816050 03/2011
9 Risperidon Teva 2 mg Teva Generics GmbH 0823213 05/2010
10 Risperidon-biomo 2 mg Biokanol Pharma GmbH 070904 08/2010
11 Risperidon Heumann 2 mg Heumann Pharma GmbH & Co. Generica KG B9028007 07/2011
12 Risperidon AAA 2 mg AAA-Pharma GmbH 0809160 08/2011
13 Risperidon Hexal 2 mg Hexal AG 9U6954 10/2011
14 Risperidon Stada 2 mg Stadapharm GmbH 73801 09/2010
15 Risperidon Al 2 mg Aliud Pharma GmbH & Co. KG 83205 08/2011
16 Risperidon axcount 2 mg axcount Generika AG B9027005 08/2010
17 Risperidon-neuraxpharm 2 mg Neuraxpharm Arzneimittel GmbH u. Co. KG 082458 08/2011
18 Risperidon-ratiopharm 2 mg Ratiopharm GmbH I17404 03/2011
19 Risperidon-Actavis 2 mg Actavis Deutschland GmbH & Co. KG 107439U 01/2011
20 Risperidon Winthrop 2 mg Winthrop Arzneimittel GmbH 5520303M 05/2011
21 Risperidon Desitin 2 mg Desitin Arzneimittel GmbH B9027004 07/2010
22 Risperidon Atid 2 mg Dexcel Pharma GmbH 07K919 09/2009
23 Risperidon Almus 2 mg Almus Deutschland GmbH 105770 10/2010
24 Risperidon acis 2 mg Acis Arzneimittel GmbH 011007 10/2010
25 Risperidon basics 2 mg Basics GmbH 26782 08/2010
26 Risperdoc 2 mg Docpharm Arzneimittelvertrieb GmbH & Co. KGaA B9027006 08/2010
27 Risperigamma 2 mg Wörwag Pharma GmbH & Co. KG 0710133 09/2010
28 Risperdal 2 mg Janssen-Cilag GmbH 9BL2W00 01/2012
29 Risperdal 2 mg Pharma Westen Ges.m.b.H. 7FL3T00 06/2010
30 Risperdal 2 mg Emra-Med Arzneimittel GmbH 0709101 09/2010
31 Risperdal 2 mg Beragena Arzneimittel GmbH 0709101 09/2010

Die Analytik wurde nach der Monographie für »Risperidone Tablets« des Amerikanischen Arzneibuches (USP 32) unter Berücksichtigung des Europäischen Arzneibuches (Ph.Eur. 6.0) durchgeführt. Die Untersuchung der Präparate erfolgte hinsichtlich folgender Prüfpunkte: Identität, Gehalt, Gleichförmigkeit des Gehaltes, Reinheit und In-vitro-Freisetzungsverhalten. Alle Prüfungen erfolgten vor Ablauf der Verwendbarkeitsfrist.

 

Gehaltsprüfung

 

Die Gehaltsbestimmung wurde nach der Monographie »Risperidone Tablets« der USP 32 durchgeführt. Der Arzneistoff wurde mittels Hochdruckflüssigchromatografie (HPLC) an RP18-Material als stationärer Phase quantifiziert. Mit Gradientenelution wurde die Absorption der Proben im UV bei 275 nm gegenüber Referenzstandard gemessen. Hierbei wurden die Akzeptanzkriterien von 90,0 bis 110,0 Prozent des deklarierten Gehalts, die in der USP 32 vorgeschrieben sind, von allen getesteten Produkten eingehalten. Mit dieser Me­thode wurden Werte zwischen 95,9 und 101,8 Prozent der deklarierten Konzentra­tion bestimmt (siehe Tabelle 2).

Tabelle 2: Gehaltsbestimmung und Gleichförmigkeit des Gehaltes

Nr. Handelsname Chargen-Nr. Gehalt
[Prozent]
der Deklaration
Freisetzung
nach 15 Min.
[Prozent]
Freisetzung
nach 30 Min.
[Prozent]
Freisetzung
nach 45 Min.
[Prozent]
1 Risperidon Aurus 2 mg B838 97,2 100,4 101,2 101,3
2 Risperidon beta 2 mg 8F69 100,7 104,1 104,6 104,8
3 Risperidon Abz 2 mg H39670 96,5 96,3 100,8 100,5
4 Risperidon dura 2 mg 79812B 100,3 101,0 105,0 105,2
5 Risperidon-CT 2 mg I17403 98,8 100,0 102,2 102,8
6 Risperidon Sandoz 2 mg 8Y719 101,8 101,0 101,1 100,6
7 Risperidon AWD 2 mg 8A003A 96,7 90,0 98,7 99,3
8 Risperidon Hennig 2 mg 816050 100,8 99,0 105,1 105,1
9 Risperidon Teva 2 mg 0823213 96,9 98,0 101,0 101,3
10 Risperidon-biomo 2 mg 070904 99,2 100,4 101,7 96,6
11 Risperidon Heumann 2 mg B9028007 99,2 92,6 102,6 103,9
12 Risperidon AAA 2 mg 0809160 99,5 100,6 101,9 100,2
13 Risperidon Hexal 2 mg 9U6954 97,6 93,6 97,0 97,2
14 Risperidon Stada 2 mg 73801 98,8 97,7 97,9 97,8
15 Risperidon Al 2 mg 83205 101,4 95,6 103,3 104,4
16 Risperidon axcount 2 mg B9027005 100,2 90,8 100,5 103,4
17 Risperidon-neuraxpharm 2 mg 082458 99,8 99,0 101,3 102,5
18 Risperidon-ratiopharm 2 mg I17404 98,0 97,3 99,6 101,0
19 Risperidon-Actavis 2 mg 107439U 96,4 93,4 95,2 95,2
20 Risperidon Winthrop 2 mg 5520303M 98,3 96,8 98,5 98,9
21 Risperidon Desitin 2 mg B9027004 99,9 86,3 89,2 93,9
22 Risperidon Atid 2 mg 07K919 100,4 88,2 99,8 99,9
23 Risperidon Almus 2 mg 105770 95,9 97,9 98,4 98,4
24 Risperidon acis 2 mg 011007 99,5 98,5 98,4 98,4
25 Risperidon basics 2 mg 26782 100,9 90,2 98,7 98,9
26 Risperdoc 2 mg B9027006 100,6 81,3 96,3 98,1
27 Risperigamma 2 mg 0710133 99,7 95,7 97,2 97,0
28 Risperdal 2 mg 9BL2W00 100,3 94,7 98,4 98,7
29 Risperdal 2 mg 7FL3T00 101,1 87,4 95,2 95,6
30 Risperdal 2 mg 0709101 97,6 96,2 96,9 96,8
31 Risperdal 2 mg 0709101 97,4 96,8 96,1 96,1

Gleichförmigkeit des Gehaltes

 

Die Aufarbeitung der Proben erfolgte gemäß USP 32 Monographie »Risperidone Tablets«, Abschnitt Gleichförmigkeit des Gehaltes. Die Auswertung erfolgte entsprechend Ph.Eur. 6.0 nach 2.9.40. Um eine gleichmäßige Dosierung sicherzustellen, sollte der Wirkstoffgehalt jeder Tablette nicht mehr als 15 Prozent von dem deklarierten Wirkstoffgehalt abweichen. Bei den untersuchten Proben konnten Werte zwischen 2,6 und 15 Prozent bestimmt werden.

 

Verwandte Substanzen

 

Die Untersuchung auf verwandte Substanzen wurde gemäß USP 32, Monographie für »Risperidone Tablets«, Prüfpunkt »related substances« mittels HPLC bei 275 nm an RP18 durchgeführt. Zu beachten ist, dass die Aufarbeitung für die Reinheit der Gehaltsaufarbeitung entspricht, dasselbe Gradientenprogramm verwendet wird und die Proben über den Gehaltsstandard ausgewertet werden. Es konnten keine Verunreinigungen detektiert werden.

 

In-vitro-Freisetzung

 

Auch die In-vitro-Freisetzung wurde nach den Vorgaben der Monographie für »Risperidone Tablets« der USP 32 durchgeführt. Entsprechend den Anforderungen darf die in 0.1 N Salzsäure mittels Paddle Apparatur freigesetzte Wirkstoffmenge nach 45 Minuten 80 Prozent der Deklaration nicht unterschreiten. Die Quantifizierung von Risperidon aus der In-vitro-Freisetzung erfolgte nach Probenaufarbeitung mittels HPLC (bei 237 nm). Der Gehalt wurde durch Vergleich der Absorption der Probenlösung mit der Absorption von in Freisetzungsmedium gelöster Risperidon-Referenzsubstanz definierter Konzentration bestimmt.

Zur Bestimmung des Freisetzungsprofils wurden ebenfalls bei 15 und 30 Minuten Proben gezogen. Alle Präparate erfüllten bereits bei nach 15 Minuten die Anforderungen der USP 32. Zu beobachten waren zwei charakteristische Freisetzungsprofile: Während einige Präparate bereits nach 15 Minuten eine vollständige Wirkstofffreisetzung aufwiesen, zeigte die zweite Gruppe von Präparaten über den Zeitraum von 45 Minuten eine ansteigende Freisetzung. Die Anforderung der USP 32 einer Freisetzung von 85 Prozent des deklarierten Wirkstoffgehaltes nach 45 Minuten, wird von allen Produkten erfüllt. Es wurden Werte zwischen 93,9 und 105,2 Prozent ermittelt.

 

BCS

 

Um Risperidon in das »Biopharmazeutische Klassifizierungssystem« (BCS) einzuordnen, wurden sowohl Löslichkeits- als auch Permeabilitätsuntersuchungen nach geltenden Richtlinien durchgeführt. Zur Ermittlung der Löslichkeit wurde Risperidon bei drei verschiedenen pH-Werten (1, 4.6 und 6.8) im Schüttelwasserbad inkubiert (37 °C, 100 rpm). Risperidon zeigte dabei über den gesamten pH-Bereich eine vollständige Löslichkeit.

 

Die Permeabilität wurde am Caco-2- Zellmodell untersucht. Dazu wurde der apparente Permeabilitätskoeffizient (Papp) unter verschiedenen Bedingungen bestimmt und nach der von Yee (Yee, 1997) vorgeschlagenen Einteilung bewertet. Mit einem Papp-Wert von 18,64*10-6 cm/sec (n=6) von apikal nach basolateral (AB Transport) weist Risperidon eine hohe Permeabilität in Absorptionsrichtung auf. Die Transporte bei erniedrigter Temperatur (4 °C) zeigten einen Rückgang des Papp- Werts auf 5,35*10-6 cm/sec (n=6). Zusammen mit einem Wert von 77,86*10-6 cm/sec (n=6) in der Sekretionsrichtung (basolateral nach apikal, BA), ergeben sich damit klare Hinweise auf aktive Transportmechanismen. Durch Zugabe von Verapamil wurde getestet, ob Risperidon ein Substrat des Effluxproteins p-Glykoprotein ist. Hier wurden allerdings keine Abweichungen des Wirkstofftransports festgestellt (AB+Verapamil: 18,71*10-6 cm/sec [n=6], BA+Verapamil: 75,40*10-6 cm/sec [n=6]), womit dies ausgeschlossen werden kann.

 

Die in vitro ermittelten Daten stehen im Einklang mit den In-vivo-Daten nach oraler Einnahme. Die absolute orale Bioverfügbarkeit liegt bei annähernd 70 Prozent, die relative orale Bioverfügbarkeit einer Tablette im Vergleich zur Lösung beträgt 94 Prozent.

 

Auf Basis der emittelten Erkenntnisse im Rahmen des biopharmazeutischen Klassifizierungssystems ist Risperidon den Arzneistoffen der Klasse I zuzuordnen, die eine hohe Löslichkeit und eine hohe Permeabilität aufweisen.

 

Zusammenfassung und Hinweis

 

Alle untersuchten Risperidon-2-mg-Präparate erfüllten die Anforderungen der Arzneibücher. Die analytischen Ergebnisse weisen darauf hin, dass die 31 schnell freisetzenden Präparate eine hohe pharmazeutische Qualität aufweisen und vergleichbar sind. Die Untersuchungsergebnisse können im Hinblick auf die Aut-idem-Regelung in der Apothekenpraxis von Bedeutung sein.

 

Die Hersteller der geprüften Produkte wurden vor der Publikation und unter Vorgabe einer Widerspruchsfrist von den Ergebnissen unterrichtet. Es wurden keine Einsprüche erhoben.

 

Abschließende Bemerkung des ZL

 

Das Zentrallaboratorium Deutscher Apotheker hat als unabhängige Instanz den satzungs­gemäßen Auftrag, einen Beitrag zur Arzneimittelsicherheit in der Bundesrepublik Deutschland zu leisten. In unseren vergleichenden Untersuchungen richten wir uns nach den Vorgaben geltender Arzneibücher, da deren Methoden als valide zu betrachten sind.

 

Wir möchten an dieser Stelle aber hervorheben, dass die in den Pharmakopöen veröffentlichten Verfahrensweisen häufig von den herstellerspezifischen Methoden abweichen.

 

Eine Gehaltsbestimmung oder Freisetzungsuntersuchungen nach Arzneibuchmonographie für Darreichungsformen können (im Gegensatz zu Methoden für den reinen Wirkstoff) zu Ergebnissen führen, die von denen der Hersteller abweichen, weil normalerweise erst nach einer Validierung in Bezug auf die Produktmatrix aussagekräftige Ergebnisse erhalten werden. Wir bitten (auch die Hersteller) um Verständnis, wenn das ZL leider nicht für jedes einzelne Präparat Untersuchungen anstellen kann, die mit gerade den Methoden erfolgen, die speziell für die jeweilige Formulierung entwickelt und validiert wurden. /

Kontakt

 

Zentrallaboratorium der Deutschen Apotheker

Carl-Mannich-Straße 20

65760 Eschborn

Mehr von Avoxa