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Nachhaltigkeit in Apotheken

»Auch kleine Schritte sind wichtig«

Nachhaltigkeit ist auch für Apotheker, die Berufsvertretung, die Pharmaindustrie und den Großhandel ein wichtiges Thema. Wie ist der Stand der Dinge und was kann jeder Einzelne für mehr Klima- und Umweltschutz beitragen? Was hat sich schon getan und an welchen Stellschrauben sollte angesetzt werden? Wo ist die Politik gefragt? Antworten auf diese und weitere Fragen gab es in einem »PZ Nachgefragt« auf der Expopharm in München.  
Anne Orth
17.09.2022  11:00 Uhr

Der Deutsche Apothekertag (DAT) stand in diesem Jahr unter dem Motto »Klimawandel, Pharmazie und Gesundheit«. Die Delegierten befassten sich mit zahlreichen Anträgen zum Thema Klimaschutz und Nachhaltigkeit und stimmten einem Leitantrag zu, in dem sie unter anderem den Gesetzgeber auffordern, grundsätzlich alle Gesetze im Gesundheitswesen und auch in anderen Bereichen auf deren Klimaneutralität und Nachhaltigkeit zu prüfen.

 »Wir alle wissen, dass es ernst ist. Beim Klimaschutz ist es schon fünf nach zwölf. Die Treibhausgase reichern sich immer mehr an, Hitzeperioden und Dürren nehmen zu, das beeinflusst auch die Apotheken. Daher müssen wir jetzt handeln« – mit diesen Worten machte Melanie Höhn, Redakteurin bei der Pharmazeutischen Zeitung, die Dramatik der aktuellen Situation deutlich. Im Anschluss erörterte sie das Thema in einer »PZ Nachgefragt«-Runde mit Akteuren aus der Politik und der Apothekenbranche. Mit von der Partie waren Johannes Wagner, Bundestagsabgeordneter von »Bündnis 90/Die Grünen«, Oliver Onusseit vom Bundesgesundheitsministeriums (BMG) und Phagro-Geschäftsführer Thomas Porstner. Zu den Diskutanten gehörten auch Christiane Eckert-Lill, Geschäftsführerin Pharmazie bei der ABDA und die Apothekerin, Buchautorin und Mitgründerin von »Pharmacists for Future« Esther Luhmann.

Es muss dringend etwas passieren

Einig waren sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Diskussionsrunde, dass beim Thema Nachhaltigkeit, Klima- und Umweltschutz dringend etwas passieren muss. Was genau, wie und wo man am besten ansetzt, dazu gab es allerdings unterschiedliche Ansätze. »Mit dem Leitantrag beim DAT haben wir einen offiziellen Startschuss gemacht. Das Thema wird vom Berufsstand aufgegriffen«, sagte ABDA-Geschäftsführerin Eckert-Lill. Sie räumte ein, dass die Delegierten der Hauptversammlung beim Thema nicht so richtig mutig gewesen seien. Aber auch kleine Schritte seien wichtig. Der eingeschlagene Weg müsse nun unbeirrt zielstrebig verfolgt werden. Sowohl die Apotheker als auch die Mitgliedsorganisationen müssten künftig auf mehr Nachhaltigkeit achten. »Ich bin zuversichtlich, dass wir diesen Weg weitergehen werden«, sagte Eckert-Lill.

Wie Teams in den Apotheken Nachhaltigkeit konkret umsetzen können, damit hat sich Esther Luhmann in ihrem Buch »Die nachhaltige Apotheke« auseinandergesetzt. Ihren Ausführungen zufolge können Apotheker an vielen Stellschrauben ansetzen – etwa beim Energieverbrauch, der Beleuchtung und der Mobilität. »Apotheker können zum Beispiel einfach Geräte ausschalten, die sie nicht verwenden«, nennt Luhmann eine Möglichkeit. Wer mit dem Öffentlichen Nahverkehr zur Apotheke komme, leiste ebenfalls einen kleinen Beitrag. Wichtig sei auch, eine klimasensible Gesundheitsberatung. So könnten Pharmazeuten den Patienten Zusammenhänge zwischen Klima und Gesundheit erläutern.

Beim Apotheken-Großhandel spielt vor allem der CO2-Ausstoß bei den Arzneimittel-Transporten eine Rolle. Doch lässt sich die Zahl der Touren reduzieren? Darauf angesprochen, äußert sich Phagro-Geschäftsführer Porstner eher vage. Inwieweit sich die Zahl der Touren verringern ließe, müsse noch geprüft werden. Und was der Einsatz von E-Autos angeht, sieht Porstner strukturelle Probleme. Bislang mangele es an Ladestationen, außerdem müssten bestimmte Vorschriften beim Transport und bei der Lagerung eingehalten werden – beispielsweise eine bestimmte Temperatur eingehalten werden. Dafür fehlten noch technische Lösungen. Daher setze der Phagro bislang nur einzelne E-Autos ein.

Ökologischen Fußabdruck von Arzneimitteln reduzieren

Auf der Agenda stand auch die Frage, wie sich bei Arzneimitteln der ökologische Fußabdruck reduzieren lässt. »Wir sind am Beginn eines Paradigmenwechsels«, sagte dazu Oliver Onusseit, als Referatsleiter im BMG zuständig für Arzneimittel. Zunächst müsse analysiert werden, welche Substanzen besonders problematisch seien und was sich dagegen tun lasse. Er plädierte dafür, Nutzen und Risiken sorgsam abzuwägen und nicht »das Kind mit dem Bade« auszuschütten. »Dieses Thema wird uns noch über Jahre verfolgen«, prognostizierte er.

Der Bundestagsabgeordnete Johannes Wagner (Bündnis 90/Die Grünen) betonte, dass es Aufgabe der Politik sei, den ordnungspolitischen Rahmen zu setzen. Die Verantwortung für mehr Nachhaltigkeit dürfe nicht auf den Einzelnen abgewälzt werden. »Wichtig sind Rahmenbedingungen, die nachhaltiges Handeln nicht erschweren, sondern fördern und vergüten.« Die Ziele seien im Koalitionsvertrag bereits verankert. »Wir werden es damit schaffen, die Wirtschaft im Großen zu transferieren«, sagte Wagner. Es müsse einfach und lohnend sein, sich fürs Klima zu engagieren.

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