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Metaanalyse

Assoziation von Covid-19 mit Diabetes

Es mehren sich die Hinweise, dass Covid-19 das Risiko erhöht, einen Diabetes zu entwickeln. Eine systematische Überprüfung und Metaanalyse der dazu bisher publizierten Arbeiten bestärkt nun diese Befürchtung.
Theo Dingermann
06.12.2022  09:00 Uhr

Covid-19 ist auch wegen des Risikos einer lang andauernden Symptomatik über die akute Krankheitsphase hinaus – das heißt, wegen des Risikos, ein Post- oder Long-Covid-Syndrom zu verursachen – gefürchtet. Das Symptomenspektrum dieser Langzeitfolgen ist vielfältig. Zu den möglichen Langzeitfolgen zählt unter anderem auch die Entwicklung eines Diabetes. Die genauen Mechanismen für das Auftreten von Diabetes nach der akuten Krankheitsphase von Covid-19 sind nicht gut verstanden. Aber es ist wahrscheinlich, dass komplexe miteinander verbundene Prozesse beteiligt sind, einschließlich früherer Stress-Hyperglykämie, Steroid-induzierter Hyperglykämie und direkter oder indirekter Auswirkungen von SARS-CoV-2 auf die β-Zellen der Inselzellen des Pankreas.

Um vor dem Hintergrund der vielen Publikationen, die zu dem Thema bisher erschienen sind, die Relevanz dieses Risikos richtig einordnen zu können, erschien nun im Journal »Scientific Reports« eine kritische Überprüfung dieser Publikationen. Dazu durchsuchten Wissenschaftler um Dr. Paddy Sentongo von der Abteilung für öffentliche Gesundheitswissenschaften am Penn State College of Medicine in Hershey, USA, verschiedene Publikationsdatenbanken und Register für klinische Studien nach Arbeiten, in denen über den Zusammenhang von Covid-19 und Diabetes berichtet wird. Insgesamt erfüllten acht Studien die strengen Kriterien für diese Analyse. In diesen Studien waren Daten von 4.270.747 Covid-19-Patienten und 43.203.759 Kontroll-Patienten analysiert worden. Das Durchschnittsalter der Patienten betrug 43 Jahre, und 50 Prozent der Patienten waren weiblich.

Als Ergebnis dieser systematischen Überprüfung und Metaanalyse konnten die Forschenden zeigen, dass Covid-19 tatsächlich mit einem relevanten Risiko für die Entwicklung eines Diabetes assoziiert war. Die ermittelte gepoolte Punktschätzung betrug 1,66, was auf ein um 66 Prozent erhöhtes, relatives Diabetes-Risiko durch die Krankheit hindeutet. Dieses erhöhte Risiko zeigte sich unabhängig vom Alter, Geschlecht oder der Studienqualität. Wurden die Studien jedoch nach geografischen Regionen stratifiziert, ergab sich für die USA mit 1,77 ein höheres Risiko als für Europa, wo ein Wert von 1,33 ermittelt wurde.

Die Daten bestätigen das Ergebnis einer früheren Metaanalyse

Damit stimmen die Ergebnisse dieser Arbeit im Wesentlichen mit denen einer zuvor publizierten Metaanalyse überein, in der der Anteil der Covid-19-Genesenen mit dem Auftreten eines neu diagnostizierten Diabetes bewertet wurde.

Zwar ist das relative Risiko, nach Covid-19 einen Diabetes zu entwickeln, mit 1,66 nicht allzu groß. Allerdings würde angesichts der hohen Zahl von Covid-19-Genesenen weltweit dieser eher bescheidene Anstieg des Diabetesrisikos einem drastischen Anstieg der absoluten Zahl der Menschen entsprechen, bei denen ein Diabetes als Folge von Covid-19 diagnostiziert wird.

Daher ist eine aktive Überwachung der Glukose-Dysregulation nach Genesung von einer schweren Covid-19-Infektion gerechtfertigt, meinen die Autoren der Arbeit. Darüber hinaus besteht Bedarf an Studien, die verschiedene soziale Determinanten der Gesundheit im Zusammenhang mit neu auftretendem Diabetes bestimmen. Diese Faktoren wären entscheidend für die Entwicklung wirksamer Präventions- und Behandlungsstrategien für die Krankheit.

Auch regen die Autoren an, in zukünftige Arbeiten Genomdaten mit einfließen zu lassen, um akute an Covid-19 erkrankte Patienten zu stratifizieren und Phänotypen von Patienten mit einem erhöhten Risiko für Covid-19-induzierten Diabetes vorherzusagen und so eventuell auch neue Krankheitsmechanismen aufdecken zu können.

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