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Schon länger außer Betrieb

Arzneimittellieferdienst Kurando meldet Insolvenz an

Nur ein kleines Banner auf der Startseite verrät, dass der Berliner Arzneimittellieferdienst Kurando nicht mehr in Betrieb ist. »Aufgepasst! Kurando ist bis auf Weiteres geschlossen. Ihr könnt derzeit leider keine Produkte bestellen«, heißt es dort seit Anfang Juni. Nun wurde bekannt, dass Kurando Insolvenz angemeldet hat.
Cornelia Dölger
21.06.2022  12:18 Uhr

Wie mehrere Medien unter Berufung auf das Insolvenzregister berichten, befindet sich Kurando in einem vorläufigen Insolvenzverfahren. Bis Anfang Juli solle demnach entschieden werden, ob ein Insolvenzverfahren eröffnet werde oder nicht. Die Lage hatte sich für das Berliner Start-up, das seit dem vergangenen Herbst am Markt ist, schon länger zugespitzt. In der Hochphase damals, in der gefühlt jede Woche ein neues Unternehmen sich aufmachte, Medikamente und Apothekenprodukte in Minutenschnelle zur Kundschaft nach Hause zu bringen, stieg auch Kurando mit ein.

Gegründet von Lukas Pfaffernoschke und Niklas Spiegel, ehemaligen Managern aus der Logistikbranche, sollte auch Kurando sich in die Riege der schnellen Lieferer einreihen, die mit lokalen Apotheken kooperieren und deren Produkte ausliefern. Das Konzept überzeugte einige Investoren – angeblich erhielt Kurando eine Million Euro in einer ersten Finanzierungsrunde. Um den Firmennamen gab es allerdings von Anfang an Gerangel, so soll sich die Konkurrenz in letzter Minuten den ursprünglichen Namen »Phastr« gesichert haben, so dass Spiegel und Pfaffernoschke auf »Kurando« umschwenken mussten.

Die Konkurrenz, insbesondere der hochfinanzierte Anbieter Mayd, spielt auch für die weitere Entwicklung bei Kurando eine Rolle. Das Start-up spielte von Anfang an nicht in einer Liga mit dem großen Player, gegründet von den Ex-McMakler-Chefs Hanno Heintzenberg und Lukas Pieczonka, sondern backte kleinere Brötchen, etwa bei der Zahl der Liefergebiete. Der Standort Düsseldorf musste zudem bereits im Frühjahr wieder aufgegeben werden, offiziell, weil sich der Einsatz dort nicht lohne, hieß es. Anders als bei Mayd, versiegte nach der ersten Finanzierungsrunde im Herbst wohl der weitere Geldfluss; das Kurando-Team fand keine Anschlussfinanzierung. Auch ein letzter Termin, bei dem es darum ging, einen Investor zu halten, verstrich nun offenbar ohne Erfolg für den Lieferdienst.

Der lange Schatten der Konkurrenz

Laut »Gründerszene«, einem Onlinemagazin für Start-ups und digitale Wirtschaft, dürfte die vorläufige Insolvenz des Start-ups auch am langen Schatten des Konkurrenten Mayd liegen. Mayd sei das mit am Abstand bestfinanzierte Unternehmen auf dem deutschen Markt, erklärte »Gründerszene«-Redakteurin Sarah Heuberger der PZ. Der Abstand von 43 Millionen Euro, die Mayd bis dato eingesammelt habe, sei für die anderen Player schwer aufzuholen. »Das wissen natürlich auch die Investoren der Konkurrenten«, so Heuberger.

Zudem hätten nicht nur die Arzneimittellieferdienste, sondern fast alle Start-ups aktuell Probleme, neues Investorengeld einzusammeln. »Lange Zeit war es so, dass die Wagniskapitalgeber eher bei den jungen Firmen Schlange standen und nicht anders herum«, sagte Heuberger. Steigende Zinsen, Inflation und der Ukraine-Krieg hätten aber nun dafür gesorgt, dass das Geld auf einmal nicht mehr so locker sitze. »Das bekommen insbesondere die Startups zu spüren, die noch weit davon entfernt sind, profitabel zu werden.«

Aufsichtsbehörde hat Verträge im Visier

Wie es nun mit Kurando und seinen angeblich 30 verbliebenen Mitarbeitenden weitergeht, ist unklar. Auf entsprechende Anfragen der PZ reagierte das Unternehmen zunächst nicht. Erst im April war bekannt geworden, dass ein weiterer Lieferdienst, First A, von einem großen Versender geschluckt wurde. Das Geschäftsmodell der Medikamenten-Lieferdienste steht zudem seit Längerem von mehreren Seiten unter Beschuss. Nicht nur hält die ABDA es unter anderem wegen deren externem Botenpersonal für apothekenrechtlich unzulässig, jetzt strengte auch die Berliner Aufsichtsbehörde gegen Mayd und Co. ein Verwaltungsverfahren an, weil sie die Kooperationsverträge zwischen den Anbietern und den Apotheken für unrechtmäßig hält.

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