Apotheker sollten über Arzneimittelentsorgung aufklären |
Melanie Höhn |
16.05.2022 09:44 Uhr |
Medikamentenabfälle sind ein großes Problem für die Umwelt. / Foto: imago images/Jochen Tack
Pharmazeutische Haushaltsabfälle aus abgelaufenen oder nicht verwendeten Arzneimitteln tragen bei unsachgemäßer Entsorgung zur Umweltbelastung bei, schreibt die OECD. Und: Bis zu 50 Prozent der Medikamente landen im Müll. 38 Länder sind Teil der OECD und der Bericht zeigt auf, dass die Menschen, die in den 38 Ländern wohnen, immer mehr Medikamente verbrauchen: Die Menge verdoppelte sich in den vergangenen 20 Jahren. Damit steigt auch die Menge an Medikamentenmüll, der die Umwelt belastet.
Arzneimittel, die in Waschbecken und Toilettenspülungen entsorgt werden, gelangen ins Abwasser und kommen in Gewässersysteme, wenn sie nicht herausgefiltert werden. Die Entsorgung nicht verwendeter oder abgelaufener Arzneimittel über den festen Hausmüll kann laut OECD dazu führen, dass pharmazeutische Rückstände in die Umwelt gelangen, wenn diese Abfälle illegal entsorgt oder auf Deponien entsorgt werden. Neben Umweltrisiken stellen unbenutzte oder abgelaufene Arzneimittel laut OECD nicht nur eine Verschwendung von Ressourcen dar, sondern auch ein mögliches Risiko für die öffentliche Gesundheit durch versehentlichen oder vorsätzlichen Missbrauch und Vergiftung, wenn sie aus Abfallbehältern entnommen werden.
Welche Lösungen gibt es, die Entsorgung von Medikamenten besser zu gestalten? Erstens können laut OECD-Bericht Maßnahmen wie eine verbesserte Krankheitsprävention, personalisierte und präzise Medizin oder eine bessere Dimensionierung von Verpackungsgrößen dazu beitragen, pharmazeutischen Abfall zu vermeiden. Weiterhin könnten laut Bericht Marktplätze für die Umverteilung von unbenutzten Arzneimitteln mit knapp abgelaufenem Verfallsdatum auch die Abstimmung von Angebot und Nachfrage verbessern und Verschwendung verhindern. Der Weiterverkauf und die erneute Abgabe nicht verwendeter Arzneimittel sei aufgrund von Bedenken hinsichtlich Fälschungen, Qualitätssicherung und daraus resultierender gesetzlicher Beschränkungen immer noch eine Nische. Patienten können auch vorsorglich rezeptfreie Medikamente einlagern, die verfallen, bevor sie vollständig aufgebraucht sind, schreibt die OECD. Die ordnungsgemäße Sammlung und Entsorgung dieser unbenutzten oder abgelaufenen Arzneimittel sei daher unerlässlich.
Die einzelnen OECD-Länder handhaben es unterschiedlich, wie Arzneimittel entsorgt werden. Auch in Deutschland gibt es keine einheitliche Regelung zur Entsorgung von Medikamenten. Auf der Website arzneimittelentsorgung.de finden sich Informationen, wie unterschiedlich die Arzneimittelentsorgung in Deutschland gehandhabt wird. Modelle, bei denen die Hersteller die Verantwortung für die Entsorgung übernehmen, habe sich laut Bericht als effektiver Ansatz erwiesen, Medikamente zu entsorgen. Dabei organisieren und finanzieren die Hersteller die Arzneimittelentsorgung. Die vier OECD-Länder mit den höchsten Sammelquoten (Frankreich, Schweden, Portugal und Spanien) haben ein System der erweiterten Herstellerverantwortung und Sammelstellen in Apotheken etabliert. Alternative Ansätze wie öffentlich finanzierte Rücknahmesysteme können laut OECD ebenfalls wirksam sein, würden aber das Verursacherprinzip nicht umsetzen.
In Lettland gaben 60 Prozent der Befragten im Rahmen des OECD-Berichtes zu, nicht zu wissen, wie man nicht verwendete oder abgelaufene Arzneimittel richtig entsorgt. Eine in den Niederlanden durchgeführte Umfrage kam zu dem Schluss, dass 17,5 Prozent der Befragten nicht wussten, dass flüssige Medikamente nicht heruntergespült werden sollten. Um das Bewusstsein der Bürger für ordnungsgemäße Entsorgungswege und die Existenz von Drogenrücknahmesystemen zu schärfen, sollten Regierungen Organisationen für Herstellerverantwortung entwickeln oder beauftragen, gezielte Kommunikationskampagnen durchzuführen, fordert die OECD in ihrem Bericht. Insbesondere Flüssigkeiten, Salben und Cremes würden häufig falsch entsorgt, was verdeutlicht, sodass weitere Aufklärungskampagnen in vielen Ländern von Vorteil wären.
Weitere Ansätze, die ebenfalls zu einer Sensibilisierung und Verhaltensänderung führen können, seien spezielle Hinweise für geeignete Entsorgungswege auf der Umverpackung von Arzneimitteln oder in der Packungsbeilage anzugeben. Bestimmte »Sparkonten« zur Rückgabe von Medikamenten in Apotheken oder die Umweltkennzeichnung von Produkten, um die Verbraucher zu informieren, könnten ebenfalls Ansätze sein. Der Bericht kommt zu dem Schluss, dass Apothekerinnen und Apotheker insbesondere bei den Wirkstoffen zur Entsorgung von Medikamenten informieren müssen, die besonders die Umwelt belasten. Dabei sollten ihre Erklärungen so einfach wie möglich sein.