Pharmazeutische Zeitung online
Offizin versus Versender

Apotheken punkten mit Empathie und Frequenz

Der Erfolgsschlüssel für die Apotheke vor Ort ist ihre Nähe zum Kunden. Doch dieser Vorteil bringt ihnen nur etwas, wenn sie ihn richtig auszuspielen wissen. Das betonte der Ökonom Professor Andreas Kaapke beim PZ-Managementkongress auf Mallorca.
Jennifer Evans
07.04.2022  15:30 Uhr

Außer Frage steht für den Handelsexperten, dass die Coronavirus-Pandemie die Einkaufsgewohnheiten der Menschen verändert hat. Kauften am Anfang der Pandemie noch 19 Prozent erstmals ihre Arznei- und Gesundheitsartikel online, würden es in Zukunft 77 Prozent tun. Und fast Zweidrittel shoppen bereits jetzt ihre Medikamente auch im Netz, berichtet er im Rahmen des PZ-Managementkongresses auf Mallorca. Dennoch: »Sorgfalt schlägt Schnelligkeit« – auch im digitalen Zeitalter und in der Zukunft.

Dabei sei der Online-Kauf nicht immer die schnellste Option, wie er hervorhebt. Unter anderem die langen Lieferzeiten stehen Kaapke zufolge in dringenden Fällen den Versendern bei ihrem Geschäftsmodell im Weg, wenn zum Beispiel das Kleinkind am selben Tag noch einen Hustensaft braucht. Auch die Bequemlichkeit einer Online-Bestellung sieht er nicht mehr als eines der starken Argumente für den Arzneimittel-Kauf im Netz. Denn diese könne schnell kippen. Etwa dann, wenn es bei der Rücksendung oder Rückerstattung »unbequem wird«, sprich der Weg zur Post zu lang ist oder das Geld erst Wochen später zurückerstattet wird.

Empathie mehr ausspielen

Der »fundamentale Unterschied« zwischen den Versandapotheken und den stationären Apotheken besteht in Kaapkes Augen in den Menschen in der Apotheke vor Ort. Ihre direkte Verfügbarkeit und Empathie bezeichnet er als High-Touch. Eine Qualität, mit der die Offizinen den Versandhändlern auch künftig die Stirn bieten können, die aber auch »noch deutlich mehr gespielt werden muss«. Denn: Das Einkaufserlebnis in der Apotheke bleibt nur dann nicht mehr ersetzbar, wenn es sich unterscheidet.

Jede Apotheke ist daher gut beraten, ihre sogenannten Touchpoints zu stärken, sich also mit einigen Aspekten der Customer Journey zu befassen. »Im Handel ist die beste Währung Frequenz«, sagt er. Und die Pandemie habe hier quasi »die Türen schon geöffnet«, was die Wertschätzung und das Vertrauen der Vor-Ort-Apotheken angeht. Diese Pluspunkte seien nämlich von ohnehin hohen Werten noch einmal gestiegen. Die Menschen kamen zwangsläufig wegen Masken, Zertifikaten, Tests und Impfungen. Jetzt gelte es, diese positive Wahrnehmung zu nutzen und zu verlängern.

Eigene Touchpoints überprüfen

Zu den Touchpoints zählen Themen wie: Außenwerbung, Flyer, Website, Social Media, Rezept-Vorbestellungen per App, das Angebot verschiedener Zahlungsoptionen, besseres Beratungsangebot als im Netz oder Vorschläge zu alternativen Präparaten. Aber auch digitale Services wie Telemedizin sowie die Ladengestaltung, Veranstaltungen, Newsletter oder Adhärenz-Programme gehören dazu.

Wichtig ist es laut Kaapke, sich darüber bewusst zu sein, dass Kunden inzwischen ein höheres Informationsbedürfnis haben und Unterstützung im Informationsdschungel benötigen. Unter anderem an diesen Punkten kann die Apotheke anknüpfen und ihren Patienten einen deutlichen Mehrwert bieten.

Mehr von Avoxa