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Covid-19

Androgenblocker senkt Sterblichkeit

Der experimentelle Androgenblocker Proxalutamid scheint ein vielversprechender Ansatz bei hospitalisierten Covid-19-Patienten zu sein. In einer Studie reduzierte er signifikant das Mortalitätsrisiko und verkürzte den Krankenhausaufenthalt. Sein Target ist die Protease TMPRSS2.
Kerstin A. Gräfe
01.07.2021  14:30 Uhr

Derzeit werden laut US-Verband BIO mehr als 600 verschiedene Medikamente daraufhin untersucht, ob sie gegen Covid-19 wirksam sind. Dabei verfolgen sie verschiedene Ansätze. Einige zielen darauf ab, das Eindringen von SARS-CoV-2 in die Wirtszelle zu verhindern. Eine wichtige Rolle in diesem Prozess spielt die Transmembran-Protease Serin 2 (TMPRSS2), ohne die das Virus die Wirtszelle nicht entern kann. Hemmstoffe dieser Protease wie Camostat, Nafamostat und Upamostat befinden sich bereits in klinischer Prüfung mit Covid-19-Patienten.

Eine andere Möglichkeit ist es, die Expression von TMPRSS2 herunterzuregulieren. Das bewirken unter anderem Androgenrezeptorblocker, da die Transkription von TMPRSS2 durch den Androgenrezeptor reguliert wird. In einer Phase-III-Studie konnten mit dem experimentellen antiandrogenen Wirkstoffkandidaten Proxalutamid (Kintor Pharmaceuticals) nun beeindruckende Ergebnisse erzielt werden. Er reduzierte signifikant die Mortalität hospitalisierter Covid-19-Patienten sowie die Dauer der klinischen Behandlung. Die Ergebnisse sind auf dem Preprint-Server »MedRxiv« veröffentlicht.

Die placebokontrollierte randomisierte Studie wurde in Brasilien durchgeführt, wo die Gamma-Variante des Coronavirus (P.1) stark verbreitet ist. Die 645 hospitalisierten, aber nicht auf eine Beatmung angewiesenen Covid-19-Patienten erhielten randomisiert zusätzlich zur Standardtherapie entweder täglich 300 mg Proxalutamid oder Placebo. Primärer Endpunkt war die Besserung des klinischen Zustands bis zum Tag 14, gemessen an einer Skala, die von 1 (Entlassung aus der Klinik) bis 8 (Tod) reichte.

Signifikant reduziertes Mortalitätsrisiko

Der durchschnittliche Wert in der Proxalutamid-Gruppe betrug nach vierzehn Tagen 1 (1 bis 2), verglichen mit 7 (2 bis 8) in der Placebogruppe. Die Genesungsrate betrug 81,4 Prozent in der Verum-Gruppe gegenüber 35,7 Prozent in der Placebogruppe. Das entspricht einer Verbesserung um 128 Prozent. Zudem senkte der Wirkstoffkandidat signifikant das Mortalitätsrisiko um 77 Prozent: Nach vier Wochen waren 49,4 Prozent in der Placebogruppe gestorben gegenüber 11 Prozent in der Proxalutamid-Gruppe. Des Weiteren verkürzte Proxalutamid die mediane Krankenhausverweildauer um fünf Tage.

Die Vorteile waren bei allen Geschlechtern ähnlich, schreiben die Autoren um Erstautor Dr. Flávio Adsuara Cadegiani vom Corpometria Institut, Brasilien. Sie vermuten, dass der Effekt von Proxalutamid bei weniger gefährlichen Varianten noch größer sein könnte. Weitere Studien mit dem Kandidaten und anderen Antiandrogenen in anderen Regionen und anderen Settings sollten angestoßen werden.

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