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Tirbanibulin

Aktinische Keratosen auf dem Rückzug

Seit September ist Tirbanibulin zur topischen Behandlung von aktinischen Keratosen im Gesicht oder auf dem Kopf auf dem Markt. Die Salbe muss nur fünf Tage lang aufgetragen werden und lässt die Präkanzerosen deutlich schwinden.
Brigitte M. Gensthaler
08.10.2021  07:00 Uhr

Die aktinische Keratose gilt als Hautkrebsvorstufe, die sich vor allem auf UV-Licht-exponierter Haut bildet, also meist im Gesicht, an Ohren, Lippen und Glatze sowie den Extremitäten. Welche Läsionen sich zu einem Plattenepithelkarzinom entwickeln werden, ist nicht vorhersehbar. Die Behandlung der Keratosen soll primär das Auftreten von Hautkrebs verhindern. Tirbanibulin (Klisyri® 10 mg/g Salbe, Almirall) ist angezeigt für die Feldtherapie nicht hyperkeratotischer, nicht hypertropher aktinischer Keratosen (Olsen-Grad I) im Gesicht oder auf der Kopfhaut bei Erwachsenen.

Tirbanibulin-Salbe wird nur einen Behandlungszyklus lang angewendet. An fünf aufeinanderfolgenden Tagen wird das Topikum einmal täglich ungefähr zur gleichen Uhrzeit dünn auf die betroffene Haut aufgetragen (Behandlungsareal bis zu 25 cm²). Die Hautstellen werden vorher mild gereinigt und abgetrocknet. Sie müssen abgeheilt sein, denn Tirbanibulin darf nicht auf offene Wunden gelangen. Hat der Patient eine Anwendung vergessen, sollte er diese schnellstmöglich nachholen.

Das Medikament darf nicht in Augen, Nase, Ohren oder auf die Lippen gelangen. Der Patient soll sich vor und direkt nach dem Auftragen die Hände mit Wasser und Seife waschen.

Der therapeutische Effekt wird rund acht Wochen nach Therapiebeginn beurteilt. Es gibt keine klinischen Daten für eine Wiederholung der Behandlung.

Gut, aber nicht anhaltend wirksam

Der Wirkstoff Tirbanibulin ist ein Mikrotubuli-Inhibitor. Er bindet selektiv α- und β-Tubulin und hemmt die Tubulin-Polymerisation, was den Zellzyklus unterbricht und zum Zelltod führt. Zudem inhibiert er den Src-Tyrosinkinase-Signalweg und wirkt antiproliferativ.

Wirksamkeit und Sicherheit wurden in zwei doppelblinden, Vehikel-kontrollierten Phase-III-Studien (NCT03285477 und NCT03285490) gezeigt. Rund 700 Patienten wurden randomisiert und trugen an fünf Tagen entweder Tirbanibulin-Salbe (10 mg/g) oder die Salbengrundlage auf die Keratosen auf. Primärer Endpunkt war die komplette Abheilung an Tag 57, der sekundäre Endpunkt eine 75-prozentige Heilung.

Vollständig abgeheilt waren die Keratosen bei 49 Prozent der Patienten im Verumarm im Vergleich zu 9 Prozent in der Vehikel-Gruppe (gepoolte Daten). Den sekundären Endpunkt erreichten 72 versus 18 Prozent. Die Wirksamkeit war bei Läsionen am Kopf geringer als bei solchen im Gesicht, aber immer noch statistisch signifikant. Es gab keine Unterschiede zwischen jüngeren und älteren Patienten bezüglich Sicherheit und Wirksamkeit. Bis zum Tag 57 wurde kein Plattenepithelkarzinom im Behandlungsareal entdeckt.

204 Patienten mit vollständiger Abheilung wurden ein Jahr lang nachbeobachtet. Nach einem Jahr hatten 73 Prozent der mit Tirbanibulin behandelten Patienten ein Rezidiv, meist eine oder zwei Läsionen. Die Rezidivrate war am Kopf höher als im Gesicht.

Lokalreaktionen sind häufig

Die häufigsten Nebenwirkungen sind Lokalreaktionen an der Applikationsstelle. Meist handelte es sich um Erytheme (91 Prozent der Patienten), Schuppenbildung (82 Prozent), Verkrustung und Schwellung (46 und 39 Prozent). 12 Prozent der Patienten klagten über Erosionen und Ulcera. Weniger als 10 Prozent berichteten über Bläschen und Pusteln, Juckreiz und Schmerzen an der Applikationsstelle. Schwere lokale Hautreaktionen traten mit einer Gesamtinzidenz von 13 Prozent auf. Keine Lokalreaktion war behandlungsbedürftig.

Schwangere Frauen und Frauen im gebärfähigen Alter, die nicht verhüten, sollen das Medikament nicht anwenden. In der Stillzeit ist eine sorgfältige Nutzen-Risiko-Abwägung erforderlich. Bei immunsupprimierten Patienten ist Vorsicht geboten.

Wichtig für die Beratung: Eine Packung des Fertigarzneimittels enthält fünf Beutel à 250 mg Salbe. Nach der Anwendung muss der Beutel entsorgt werden, auch wenn er noch nicht leer ist. Der Patient muss am nächsten Tag einen neuen Beutel öffnen.

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