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Kassen-Analyse

ABDA widerspricht Barmer bei Botendienstquote

Die Barmer hat eine Analyse zu Apotheken-Botendiensten vorgelegt, nach der sich die Versorgung durch die Auslieferungen in den vergangenen Jahren nicht verbessert hat. Die ABDA widerspricht vehement und belegt, dass die Apotheken ihre Botendienste sogar ausgebaut haben.
Benjamin Rohrer
01.11.2022  15:30 Uhr

Während der Coronavirus-Pandemie hatte das Bundesgesundheitsministerium erstmals eine Botendienst-Vergütung eingeführt – damals konnten die Apotheken 5 Euro pro Auslieferung abrechnen. Ziel war es, die Kontakte in der Offizin zu reduzieren. Seit Anfang 2021 ist das Botendienst-Honorar nun verstetigt – allerdings können die Apotheken nur noch 2,50 Euro pro Lieferung abrechnen. Die Barmer hat sich auf Basis eigener Abrechnungsdaten die Botendienst-Entwicklung seit Bestehen der Vergütung angeschaut und kommt zu dem Schluss, dass die Quote ausgelieferter Rx-Packungen an der Gesamtzahl der belieferten Packungen unverändert bei rund 7 Prozent liegt. Auch Unterschiede zwischen dünn besiedelten Regionen und städtisch geprägten Gebieten kann die Kasse nicht erkennen. Die Kasse gibt eigenen Angaben zufolge rund 1 Million Euro pro Monat dafür aus. Laut Barmer-Daten ist die Botendienstquote bei Über-80-Jährigen allerdings wesentlich höher als bei Patienten bis 50 Jahren.

ABDA: Die Kassen sind nicht überlastet durch die Botendienste

Auf Nachfrage der PZ hat sich die ABDA nun gegen diese Darstellung gewehrt. ABDA-Geschäftsführerin Claudia Korf erklärte: »Die Zahlen des Analysepapiers zeigen deutlich, dass die Finanzen der Krankenkassen durch die Einführung eines Zuschusses für den Apothekenbotendienst keineswegs überlastet werden.« Korf weist auch darauf hin, dass die gesetzlich vorgesehene Vergütung nicht für alle Auslieferungen gilt. »Die Apotheken leisten im Übrigen auf eigene Kosten viel mehr Botendienste, als sie abrechnen können, wie zum Beispiel bei rezeptfreien Medikamenten und Nichtarzneimitteln oder bei der Versorgung unterschiedlicher Patientinnen und Patienten am selben Tag in derselben Heim- oder Pflegeeinrichtung.«

Korf: Die Apotheken machen mehr Kilometer

Die Geschäftsführerin Ökonomie der Standesvertretung der Apotheker kritisiert aber auch das Zahlenwerk der Barmer – die Zahlen der ABDA zeigen demnach eine gegenteilige Entwicklung. »Auch bei der Entfernung der Botendienste ist Vorsicht bei der vorgelegten Analyse geboten. Laut ABDA-Datenpanel für die Jahre 2018 bis 2021 hat sich der Anteil der Botendienste bis 5 Kilometer verringert, dafür aber bis 20 Kilometer vergrößert. Mehr Kilometer heißt höhere Kosten – bei demselben Zuschuss von 2,50 Euro pro Botendienst. Ergo: Die Botendienste der Apotheken sind und bleiben ein wichtiger und förderungswürdiger Bestandteil der Arzneimittelversorgung von älteren und anderen vulnerablen Bevölkerungsgruppen in der Stadt, aber auch auf dem Land.«

Mehr Apotheken fahren mehrmals täglich

Ein Blick in das Datenpanel der ABDA zeigt auch, dass es immer mehr Apotheken gibt, die ihre Botendienst-Aktivitäten seit 2019 ausgebaut haben. Demnach liegt die Zahl der Apotheken, die einmal am Tag eine Botendienst-Tour fahren, seit 2019 konstant bei rund 50 Prozent. Allerdings ist die Zahl der Betriebsstätten, die mehrmals täglich Auslieferungen tätigen, im gleichen Zeitraum von 34,8 Prozent auf rund 43 Prozent gestiegen. Den ABDA-Zahlen zufolge hat es insbesondere zu Beginn der Coronavirus-Pandemie eine große Steigerung bei den Botendienst-Zahlen gegeben. Demnach wurden vor der Pandemie insgesamt pro Tag rund 300.000 Botendienste getätigt, nach Beginn der Pandemie stieg diese Zahl dann auf bis zu 450.000 Auslieferungen pro Tag an.

Die Apotheken gaben gegenüber der ABDA auch an, dass insbesondere vulnerable und ältere Personengruppen von den Diensten profitieren. Demnach gaben bei einer Befragung aus dem Jahr rund 68 Prozent der Apotheken an, dass sie mehr chronisch Kranke via Botendienst versorgen. Rund 60 Prozent der Apotheken gaben an, die Botendienste bei mobilitätseingeschränkten Personen ausgeweitet zu haben.

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